Von der Kritik an der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung
zu erfolgreichen Gegenaktionen im Jahr der Bundestagswahl 2017
Redebeitrag von Dr. h.c. Jürgen Grässlin, RIB-Vorsitzender
für die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“
zum Ostermarsch in Berlin am Samstag, den 15. April 2017
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
wir treffen uns heute beim Ostermarsch in Berlin in besonders bewegten Zeiten. Die Welt befindet sich in Aufruhr. Im Angesicht von 32 derzeit stattfindenden Kriegen und bewaffneten Konflikten, im Angesicht der schrecklichen Geschehnisse im Nahen und Mittleren Osten sowie im Angesicht atomarer und konventioneller Overkillkapazitäten sind Millionen von Menschen existentiell bedroht.
Die mit Abstand meisten Opfer hat in den Jahren 2015 und 2016 der Krieg in Syrien gefordert. Dabei haben sich alle Kriegsparteien – das Regime Assad unterstützt von Russland, Rebellengruppen unterstützt von den USA und weitere westliche Staaten sowie der Islamische Staat – schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht.[#1]
Befördert wird dieser Prozess der internationalen Destabilisierung und Destruktion maßgeblich von der neuen US-amerikanischen Regierung unter der Führung des Präsidenten Donald Trump. Die republikanische US-Regierung forciert Aufrüstung und Militarisierung in einem bislang nie gekannten Ausmaß. Der Politik-Dilettant Donald Trump agiert wie ein Elefant im Porzellanladen. Nur, dass es sich bei dem Elefanten um den Führer der weltweit größten Militär- und Atommacht und beim Porzellanladen um unser aller Erde handelt.
Trumps Zielvorgabe ist klar definiert, ich zitiere den US-Präsidenten: „Wir müssen wieder Kriege gewinnen“, lautet seine unmissverständliche Zielvorgabe zur Aufarbeitung des vielfältigen militärischen Scheiterns seit dem Vietnam-Krieg. Zu Trumps Maßgabe zählt die dramatische Erhöhung des Rüstungsetats der militärischen Supermacht USA. Auf Kosten anderer Posten – wie dem Sozial-, Bildungs- und Umweltbereich – soll der Wehretat um zehn Prozent oder rund 54 Milliarden US-Dollar erhöht werden.[#2]
Wem dient diese Entwicklung? Keinesfalls den Hungernden in Somalia und im Südsudan. Keinesfalls den Notleidenden in Syrien, im Irak, in Libyen, in Afghanistan und vielen weiteren kriegsgeplagten Ländern. Diese Entwicklung nutzt allenfalls den Rüstungskonzernen, deren Aktienkurse seit Monaten eine exorbitant hohe Steigerung verzeichnen. Und sie dient den Aktionär*innen der Rüstungskonzerne, die sich zurzeit massiv mit dem Blutgeld der Dividenden bereichern – auch bei deutschen Waffenschmieden wie Rheinmetall und Heckler & Koch!
Wer Kriege gewinnen will, muss rüsten für den Krieg. Genau verlangt die US-Regierung von ihren Verbündeten in der NATO mit der Anhebung der nationalen Militäretats auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts. In der Bundesrepublik Deutschland würde die Umsetzung dieser Forderung eine Verdoppelung des Verteidigungsetats (Einzelplan 14) von 35 auf rund 70 Mrd. Euro bedeuten.
>> Aus diesem Grund geht die erste Botschaft dieser Ostermarschrede von Berlin nach Washington: Mr. Trump, stoppen Sie diesen Rüstungswahnsinn! Investieren Sie Ihre Rüstungsmilliarden in Frieden und Bildung, Gesundheit und Gerechtigkeit! Und rüsten Sie radikal ab!
Wie wunderbar wäre es, wenn wenigstens wir in Deutschland sagen könnten: Wir haben gelernt aus den fatalen Folgen zweier Weltkriege, die von deutschem Boden ausgegangen sind. Wenn wir heute bilanzieren könnten: Deutschland rüstet ab, Deutschland wird entmilitarisiert. Und wir entsagen uns dem internationalen Militär- und Rüstungswahn.
Doch das Gegenteil ist der Fall: Mit Zustimmung der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten beteiligen sich derzeit mehr als 3.200 Bundeswehrsoldaten an Auslandseinsätzen – die meisten von ihnen in Afghanistan, im Senegal und in Mali, im Nahen Osten und im Nordirak.[#3]
Schlimmer noch: Deutschland mischt direkt mit auf den Schlachtfeldern der Welt! Die tödlichste Form der deutschen Militär,- Außen- und Wirtschaftspolitik ist der Export von Kriegswaffen und Rüstungsgütern. In keinem anderen Bereich ist die Zahl der Opfer derart hoch wie beim Waffenhandel. Allein durch Kugeln aus dem Lauf von Heckler & Koch-Waffen haben bisher mehr als zwei Millionen Menschen ihr Leben verloren, weitaus mehr wurden verstümmelt und verkrüppelt.
In einer Zeit internationaler Instabilitäten und blutiger Kriege und Bürgerkriege zählt Deutschland seit Jahren zu den weltweit fünf größten Exporteuren von Großwaffensystemen und Rüstungsgütern: U-Boote und Kriegsschiffe von ThyssenKrupp Marine Systems und der Luerssen-Werft, Kampfflugzeuge und Militärhubschrauber von Airbus, Lenkflugkörper von DIEHL, Kampfpanzer von Krauss-Maffei Wegmann, Panzerfahrzeuge von Rheinmetall sowie Militärfahrzeuge von Mercedes Military und MAN werden hemmungslos in Kriegs- und Krisengebiete exportiert.
Im Bereich der Kleinwaffen – Pistolen, Maschinenpistolen, Sturm- und Scharfschützengewehre – rangiert Deutschland nach den USA und Italien sogar auf Platz 3 weltweit.[#4] Mit den Sturmgewehren von Heckler & Koch, Pistolen von Carl Walther und Sig Sauer und der Munition von RUAG und Rheinmetall wird unendlich viel Leid angerichtet. „Ihr Einsatz fördert Unfrieden, verhindert Entwicklung und führt zur Eskalation von Gewalt in den Empfängerländern“, bilanzieren wir von der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ in unserer Frankfurter Erklärung vom März 2017.[#5]
In der Erkenntnis dieser Tatsache und im Wissen um die Mitschuld der Vorgängerregierungen am Morden mit deutschen Waffen in Kriegen und Bürgerkriegen hatte der SPD-Parteivorsitzende 2013 wiederholt öffentlich versprochen: Wenn er, Sigmar Gabriel, mit der Bundestagswahl im Herbst 2013 Bundeswirtschaftsminister werde, würde die Rüstungsexportpolitik unter seine Ägide geprägt sein von Zurückhaltung, von Restriktion. Der Menschenrechtslage im Empfängerland müsse eine entscheidende Rolle als Untersagungsgrund zukommen.
Als Bundeswirtschaftsminister kam Sigmar Gabriel von Ende 2013 bis Ende 2016 die entscheidende Rolle im Bundessicherheitsrat (BSR) zu. Im geheim tagenden BSR entscheiden die Kanzlerin Angela Merkel, der Vizekanzler (und Bundeswirtschaftsminister, seit Anfang 2017 Bundesaußenminister) Sigmar Gabriel und sieben weitere Minister über besonders brisante Rüstungsexporte in Krisen- und Kriegsgebiete.
Heute ist es an der Zeit zur ersten Bewertung der Ära Gabriel als Bundeswirtschaftsminister. Seine Bilanz ist vernichtend: Unter seine Ägide wurden die Waffenexportgenehmigungen 2014 bis 2016 gegenüber den Vorjahren weiter gesteigert. Der absolute Höchstwert aller Zeiten wurde 2015 erzielt, als der Bundessicherheitsrat Einzel- und Sammelausfuhren im Volumen von 12,81 Mrd. Euro genehmigte.[#6] Unter den Empfängerländern befanden sich zahlreiche kriegführende bzw. menschenrechtsverletzende Staaten, selbst astreine Diktaturen.
Auch unter Gabriels Nachfolgerin Brigitte Zypries zeichnet sich keinerlei Kurswechsel ab. Vor wenigen Tagen genehmigte der Bundessicherheitsrat zwei weitere Rüstungsexporte an die Vereinigten Arabischen Emirate – ungeachtet der massiven militärischen Intervention der VAE im Jemen. Somit darf beispielsweise die Firma Junghans Microtec aus Rottweil 203.448 Zünder für 40-mm-Infanteriepatronen an die Militärs in den Emiraten liefern.[#7]
>> Die zweite Botschaft richtet sich an die Sozialdemokraten im Bundessicherheitsrat – an Bundesaußenminister Gabriel, Bundeswirtschaftsministerin Zypries und Bundesjustizminister Maas: Halten Sie endlich Wort und verweigern Sie im BSR jegliche Zustimmung für Waffenexporte an menschenrechtsverletzenden Regime!
Gerne würde ich heute verkünden: Nach dem Desaster der Vorjahre kann wenigstens für 2016 die Wende zum Guten attestiert werden. Doch auch der letzte Rüstungsexportbericht der Bundesregierung vor der Bundestagswahl ist schlichtweg ernüchternd. Die Vorabpublikation beschreibt schlichtweg eine Katastrophenbilanz für das Jahr 2016:
- Beim Wert der Einzelausfuhrgenehmigungen handelt es sich um den zweithöchsten jemals ausgewiesenen Genehmigungswert.
- Die Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen – der tödlichsten aller Waffengattungen – sind um unglaubliche 47 Prozent gesteigert worden. Dabei ist wissenschaftlich dokumentiert, dass mehr als drei Viertel aller Kriegstoten durch den Einsatz von Pistolen, Maschinenpistolen, Sturm- und Scharfschützengewehren getötet werden.
- 54 Prozent – mehr als die Hälfte – der Einzelausfuhrgenehmigungen entfallen auf sogenannte „Drittländer“ (auch „sonstige Staaten“ genannt) außerhalb des NATO, der NATO-assoziierten und der EU-Staaten.
- Unter den Top Ten der Empfängerländern deutscher Kriegswaffen befanden sich 2016 fünf Drittländer: Algerien, Saudi-Arabien, Ägypten, Südkorea und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).
- Die Streitkräfte von Saudi-Arabien, Ägypten und den VAE waren und sind am Krieg im Jemen beteiligt.[#8]
Keine Frage: Der Transfer von Waffen und Rüstungsgütern in Spannungsgebiete und an Regime, die Menschenrechte grob verletzen bzw. die gewaltsam gegen Oppositionsbewegungen in einem Land vorgehen, stellt einen massiven Verstoß gegen die in Artikel 26 (1) grundgesetzlich verankerte Friedenspflicht dar. Gerade diese besonders brisanten Rüstungsexporte wurden vom Bundessicherheitsrat bewilligt.
>> Die dritte Botschaft richtet sich deshalb an die Mitglieder des Bundessicherheitsrates: Wer vielfach Kriegswaffenexporte an menschenrechtsverletzende Regime genehmigt, leistet vielfach Beihilfe zu Menschenrechtsverletzungen, die mit diesen Waffen ausgeübt werden.
Wer vielfach Kriegswaffenexporte an kriegführende Staaten genehmigt, leistet oft Beihilfe zu Mord.
Die Verantwortlichen dieser skrupellosen Politik müssen zurücktreten und sie müssen zur Verantwortung gezogen werden!
Kriegswaffenexporte an Drittländer sind laut Kriegswaffenkontrollgesetz und Außenwirtschaftsgesetz allenfalls in begründeten Ausnahmefällen erlaubt. Nicht erlaubt ist deren systematische und regelmäßige Belieferung. Mit einem Anteil von 54 Prozent wandelt die Bunderegierung den legalen Einzelfall zum illegalen Regelfall. Sie begeht somit permanenten Rechtsbruch!
- Und mehr noch: Auch 2016 wurden weitere Kriegswaffen der Bundeswehr über die Zentralregierung in Bagdad an die Peschmerga geliefert.
Damit hat die Bundesregierung 2016 erneut das Völkerrecht verletzt. Denn bis zum heutigen Tag besteht ein Waffenexportembargo der Vereinten Nationen gegen den Irak.
Kurz und knapp formuliert: Die CDU/CSU/SPD-geführte Bundesregierung bricht durch ihre Genehmigungspolitik für Kriegswaffenexporte in Drittstaaten und an den Irak – trotz des bestehenden UN-Waffenembargos – sowohl Grundgesetz als auch Völkerrecht!
>> Die vierte Botschaft richtet sich demnach an die Bundesregierung: Beenden Sie sofort alle rechtwidrigen Rüstungsexportgenehmigungen.
Wer Grundgesetz und Völkerrecht bricht, gehört vor ein Gericht gestellt und nach einem rechtsstaatlichen Verfahren verurteilt!
Lasst mich einen letzten Kritikpunkt an der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung ansprechen – einen weltweit folgenschweren. Denn wer Rüstungsgüter exportiert, mit denen hier Geld verdient und woanders Leben zerstört werden, „trägt dazu bei, dass Menschen zur Flucht gezwungen werden“.
Dabei stehen gerade die zahlreichen Rüstungsexport-Genehmigungen für die Lieferungen von Kriegswaffen an Drittstaaten in einem auffälligen Widerspruch zu den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung zum Rüstungsexport aus dem Jahr 2000. Denn darin hat sich die Bundesregierung verpflichtet, durch „Begrenzung und Kontrolle einen Beitrag zur Sicherung des Friedens, der Gewaltprävention, der Menschenrechte und einer nachhaltigen Entwicklung in der Welt zu leisten“ – so die Analyse von Aktion Aufschrei.[#9]
Auf den Punkt gebracht: Wer – wie die Bundesregierung – Kriegswaffenexporte an repressive und autokratische Regierungen genehmigt, nimmt zweierlei billigend in Kauf: Zum Einen die Stabilisierung der Unterdrückungsregime an der Macht. Zum Anderen den Einsatz deutscher Kriegswaffen gegen Oppositionsgruppen, gegen Regierungskritiker, gegen Andersgläubige und gegen die Demokratiebewegung im Empfängerland deutscher Kriegswaffen. Mit diesen in deutscher Produktion oder in deutscher Lizenz nachgebauten Waffen werden Menschen bedroht, beschossen, verkrüppelt oder ermordet. Wer überlebt, versucht zu fliehen – zuweilen auch nach Europa.
Das Resultat der völlig enthemmten deutschen und internationalen Rüstungsexportpolitik ist offenbar: Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten.
Über lange Zeit hinweg stand Angela Merkel für eine liberale Flüchtlingspolitik mit offenen Grenzen – mittlerweile steht die bundesdeutsche Kanzlerin für die Festung Europa.
>> Die fünfte Botschaft richtet sich deshalb allen voran an die Bundeskanzlerin: Frau Merkel, falls Sie – wie versprochen – einen maßgeblichen Fluchtgrund beseitigen und Flüchtlingen in ihrer Not helfen wollen: Öffnen Sie die Grenzen für Menschen und schließen Sie die Grenzen für Waffen!
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
lasst uns diese menschenverachtende Regierungspolitik nicht tatenlos hinnehmen! Lasst uns aufschreien gegen Kriegsbeteiligung durch Militäreinsätze, Aufrüstung und Waffenhandel. Und lasst uns gemeinsam handeln!
Mit der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ haben wir seit 2011 das breiteste zivilgesellschaftliche Bündnis gegen Rüstungsexporte in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gegründet. Die DFG-VK, pax christi, Ohne Rüstung Leben, die IPPNW, das RüstungsInformationsBüro, terre des hommes, Brot für die Welt, Misereor und zahlreiche Friedens-, Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen – insgesamt sind wir weit mehr als einhundert Organisationen im Trägerkreis und im Aktionsbündnis – setzen sich nach Kräften für ein grundsätzliches Rüstungsexportverbot ein.
In unserer Frankfurter Erklärung haben wir vor wenigen Wochen unsere Ziele bekräftigt: Auf dem Weg zu einem grundsätzlichen Verbot der Ausfuhr von Kriegswaffen und Rüstungsgütern fordern wir als Repräsentant*innen kirchlicher, entwicklungs- und friedenspolitischer Organisationen, die sich in der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ zusammengeschlossen haben, von der Bundesregierung und den Abgeordneten des Deutschen Bundestages als nächste Schritte:
- Ein Verbot des Exports von Kleinwaffen und der zugehörigen Munition.
- Den Stopp des Exports von Kriegswaffen, Rüstungsgütern und Dual-Use-Gütern in kriegführende und an menschenrechtsverletzende Staaten.
- Ein Verbot von Lizenzvergaben zum Nachbau deutscher Kriegswaffen und Rüstungsgüter.
- Ein Verbot von staatlichen Bürgschaften zur finanziellen Absicherung von Rüstungsgeschäften.[#10]
Im Vorfeld der Bundestagswahl führen wir auf verschiedensten Ebenen Aktivitäten und Aktionen durch – und freuen auf eure Unterstützung und Mitwirkung. Sechs Handlungsoptionen seien an dieser Stelle genannt:
1) Zu unseren eben genannten vier zentralen Forderungen wollen wir bundesweit die Kandidat*innen der verschiedenen Parteien befragen. Helft uns dabei, indem ihr die vorformulierten „Wahlprüfsteine zum Rüstungsexport für die Bundestagswahl 2017“ (siehe www.aufschrei-waffenhandel.de) an die Kandidat*innen in eurem Wahlkreis schickt – und uns die Antworten zukommen lasst!
2) Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 organisieren Mitgliedsorganisationen und befreundete Organisationen Podiumsgespräche und -diskussionen mit Bundestagsabgeordneten bzw. -kandidat*innen.
3) Und wir treten gemeinsam mit den Kritischen Aktionär*innen bei Hauptversammlungen von Rüstungskonzernen auf: In Aktionen vor und in den HVs, durch Gegenanträge zur Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat – zuletzt sehr erfolgreich praktiziert bei der Hauptversammlung der Daimler AG in Berlin.
Bereits im Mai steht das nächste Aktionshighlight an, die Protestaktion während der Hauptversammlung der Rheinmetall AG. Unter dem Motto „Rheinmetall entrüsten! Produzieren für das Leben – nicht für den Tod!“ treffen sich am 9. Mai 2017 ab 9.00 Uhr die Aktionär*innen des größten deutschen Rüstungskonzerns in Berlin.
Organisiert vom Bündnis „Legt die Leo an die Kette!“, unterstützt von „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“, lautet der Vorwurf an den Rheinmetall-Vorstand: „Ihre Aktien sind mit Blut getränkt!“ Tatsächlich sind die Aktien der Rheinmetall AG auf Rekordkurs, tatsächlich füllen die Dividenden die Kassen und „die Aktionäre verdienen sich eine goldene Nase!“
Die Historie der Rheinmetall-Skandale würde Bücher füllen. Pars pro toto seien hier nur einige aktuelle Beispiele genannt: Im Frühjahr 2016 wurde in Saudi-Arabien eine Fabrik zur Fertigung von Granaten eingeweiht. Deren Bauteile wurden von dem südafrikanischen Rheinmetall-Tochterunternehmen Denel zugeliefert. Auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien wird die Bombe MK 83 gefertigt. Die italienische Rheinmetall-Tochter RWM Italia exportierte derlei Bomben nach Riad, so dass die saudi-arabischen Streitkräfte diese Bomben im Krieg gegen Jemen einsetzen und massenhaft Menschen ermorden konnten.
Jüngstes Beispiel für die Skrupellosigkeit der Rheinmetall-Manager ist der Versuch, die deutschen Rüstungsexportgesetze zu unterwandern und den türkischen Militärs beim Aufbau einer Panzerfabrik mitzuwirken. Unter der Führung von Recep Erdoğan droht die Türkei zur Diktatur zu verkommen. Zehntausende von Kurd*innen wurden in den vergangenen Jahren von türkischen Sicherheitskräften getötet, mehr als eine Million von Kurd*innen musste fliehen.
Für genau diese Militärs will Rheinmetall zukünftig Panzer bauen! Zudem verfolgt die Rheinmetall-Führung gemeinsam mit dem staatlichen türkischen Rüstungsunternehmen MKEK in Ankara Pläne, gemeinsam eine Munitionsfabrik zu errichten.
Liebe Friedensfreund*innen in Berlin und in Deutschland: Macht mit bei der Kundgebung Waffenexporte von Rheinmetall stoppen! am Dienstag, den 9. Mai 2017 um 9.00 Uhr gegenüber Maritim-Hotel in Berlin-Tiergarten. Und beteiligt euch an den Gegenaktivitäten in der Rheinmetall-Hauptversammlung! Das alles wird bestens mitorganisiert von unserem Berliner Friedensaktivisten Heinz Kappei, der heute unter uns weilt.[#10]
Wir kommen voran: Neben der Protestkundgebung zur Rheinmetall-HV wird es auch bei Konzernzentrale in Düsseldorf (am 6. Mai), in Domusnovas auf Sardinien (am 7. Mai) und beim Waffentestgelände in Unterlüss (am 15. Mai) Blockaden und Kundgebungen geben.
4) Für die Zeit vom 10. bis zum 16. Juli 2017 ruft die von uns mitgetragene Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ zu einer Aktionswoche gegen deutsche Rüstungsexporte auf. Mit einstündigen Transparentaktionen an möglichst vielen Orten (Grenzübergängen, Rüstungsfabriken und Wahlkreisbüros) können wir unserer Forderung „Grenzen öffnen für Menschen – Grenzen schließen für Waffen“ öffentlichkeitswirksam Nachdruck verleihen.
Sowohl Brücken als auch Abgeordnetenbüros gibt es in Berlin mehr als genug!
5) Nach meinen Strafanzeigen vom April 2010 wird im Herbst 2017 der Strafprozess gegen sechs ehemalige Mitarbeiter von Heckler & Koch stattfinden – unter ihnen zwei frühere Geschäftsführer. Der Vorwurf lautet auf Lieferung abertausender 636-Sturmgewehre in verbotene Unruheprovinzen Mexikos. Die Prozesse sind öffentlich – kommt nach Stuttgart!
6) Eine wichtige Aktionsankündigung zu guter Letzt, bei der Berlin der Zielpunkt sein wird: Aktion Aufschrei wird an Pfingsten kommenden Jahres den Staffellauf FRIEDEN GEHT 2018 durchführen. Gemeinsam mit Kulturschaffenden in der Republik werden wir in vielfältigen Aktionen die Botschaft „RÜSTUNGSEXPORTE STOPPEN!“ nach Berlin tragen.
Ausgehend von Oberndorf am Neckar, dem Stammsitz von Heckler & Koch, werden wir über Kassel (Krauss-Maffei Wegmann) bis nach Berlin gehen, wo mit dem Bundeskanzleramt (Tagungsort des Bundessicherheitsrats), dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Deutschen Bundestag die entscheidenden Institutionen zum Waffenhandel ansässig sind.
Wir würden sehr freuen, wenn ihr – die Berliner Friedensbewegung – uns mit einer kreativen Aktion empfangt!
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
Laut einer repräsentativen Meinungsumfrage von emnid lehnen 83 Prozent der Deutschen den Export von Waffen und Rüstungsgütern ab. Jetzt ist die Zeit gekommen, ein grundsätzliches Rüstungsexportverbot in Artikel 26 (2) des Grundgesetzes zu verankern. Sobald keine Waffen mehr exportiert werden können, sind die Rüstungskonzerne gezwungen, ihre Produktion auf eine nachhaltige zivile Fertigung (Rüstungskonversion) umzustellen.
>> Die sechste und letzte Botschaft richtet sich dementsprechend an uns selbst: Lasst uns das Bündnis von Friedens-, Menschenrechts- und Entwicklungsbewegung, Kirchen und Gewerkschaften derart stärken, dass Rüstungsexporteure in Politik, Industrie, Lobbyverbänden und Banken geächtet, dass Rüstungsexporte gestoppt und dass die Rüstungsindustrie auf zivile Fertigung umgestellt wird.
Die ersten wichtigen Schritte auf diesem Weg haben wir erfolgreich bestritten. Der heutige Ostermarsch in Berlin mit seinem zentralen Motto „ABRÜSTEN!“ ist weiterer Schritt in die richtige Richtung. Vielen Dank.
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