Erstmals beeinträchtigen die sogenannten Säuberungsaktionen der türkischen Regierung in der Armee auch die außenpolitischen Angelegenheiten der Türkei. James Clapper, Geheimdienstdirektor beim NATO-Partner USA hat auf einer Sicherheitskonferenz in Colorado verlauten lassen „Viele unserer Gesprächspartner sind entlassen oder verhaftet worden“. Der gesamte Sicherheitsapperat sei von den Maßnahmen betroffen, dies beeinträchtige die Zusammenarbeit mit dem NATO-Staat insgesamt. Insbesondere sei dies problematisch bei der Zusammenarbeit im Kampf gegen den IS in Syrien.
Nach dem gescheiterten Putsch wurden fast 1700 Armeeangehörige unehrenhaft Entlassen, darunter auch fast 40 % der Generäle und der Admiräle. Ein Drittel der insgesamt 360 dienenden Generäle wurde Festgenommen. Der im Bild zu sehende türkische Armeechef Hulusi Akar aber bleibt im Amt.
Auch neben dem Militär gehen die Säuberungsaktionen des durch den Ausnahmezustand per Dekret regierenden Präsidenten Erdogan weiter. Die Türkische Staatsanwaltschaft will die Privatvermögen von mehr als 3000 Suspendierten Richtern und Staatsanwälten beschlagnahmen lassen. Davon betroffen sind 3049 Richter und Staatsanwälte denen Verbindungen zu dem im Exil lebenden Prediger Fetullah Gülen nachgesagt werden. Den vom Dienst freigestellten Juristen sollen unter anderem Immobilien, Bankkonten und Fahrzeuge entzogen werden. Nach Angaben des Innenministeriums saßen am Mittwoch mehr als 1600 Richter und Staatsanwälte in Untersuchungshaft. Der Gülen-Bewegung wird vorgeworfen einen Staat im Staate errichten zu wollen und deswegen den Staatsapparat zu unterwandern.
Mit seinem jüngsten Dekret hat Erdogan die Schließung von über 100 Medienredaktionen angeordnet. Drei Nachrichtenagenturen, 16 Fernsehstationen, 23 Radiosender, 45 Zeitungen, 15 Magazine sowie 29 Verlagshäuser und Pressevertriebe müssen nun die Arbeit Einstellen.
Nachdem Erdogan von Deutschland die Auslieferung von Gülen-Anhängern verlangte mahnte die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Türkei das „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“ zu wahren. Die Bundeskanzlerin äußerte Ihre sorge das nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei „doch sehr hart vorgegangen wird“. Der Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier sagte den Ruhrnachrichten das die türkischen Reaktionen auf den Putschversuch „weit über jedes Maß hinaus“ gehen würden. Er mahnte man könne nicht schwiegen „Wenn Zehntausende Beamte, Lehrer und Richter entlassen, Tausende von Schulen und Bildungseinrichtungen geschlossen und dutzende Journalisten festgenommen werden, ohne dass ein direkter Zusammenhang mit dem Putsch erkennbar wäre, können wir nicht einfach schweigen“.