Seit der „bedingt Abwehrbereit“-Berichterstattung des Spiegels gab es keinen vergleichbaren Fall. Der Generalbundesanwalt Range – der selbe Generalbundesanwalt der weder im Falle der NSA-Schnüffeleien ermittelte noch bei der Untersuchung des Abhörskandals des Kanzlerhandys bereit war die geschädigte Kanzlerin noch den Informanten Snowden zu vernehmen – eben dieser Generalbundesanwalt ermittelt endlich doch. Diesmal wegen Landesverrat. Nicht aber gegen einen der Geheimdienste, sondern gegen den Grimmepreisträger Netzpolitik.org.
Es geht um die Veröffentlichung von Informationen und Dokumenten des Bundesamts für Verfassungsschutz. Sie sollen Staatsgeheimnisse öffentlich gemacht haben. Die Anzeige kommt offenbar vom Verfassungsschutzpräsidenten persönlich. Genau der Behörde die zum Beispiel auch für die Spionageabwehr im eigenen Land zuständig gewesen wäre.
„netzpolitik.org“ hat in zwei Artikeln die Pläne des Verfassungsschutzes zum Ausbau der Internet-Überwachung beschrieben und dies mit Auszügen von Dokumenten des Inlandsgeheimdienstes belegt. Die Bundesanwaltschaft war bisher nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Die jüngste Entwicklung ist unter dem wachsenden Druck unter welchem die Geheimdienste neuerlich stehen besonders Bemerkenswert. Die Untersuchung der NSA-Affäre durch den Bundestag entwickelt sich zunehmend zu einer BND-Causa. Der Verfassungsschutz muss mit Kritik wegen möglicher Fehler im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die rechte Terrorgruppe NSU kämpfen. Selbst der kleine Militärische Abschirmdienst ist ins Gerede gekommen, weil ein Waffenhersteller es gerne gesehen hätte, wenn der MAD gegen unliebsame Journalisten vorgeht .
Aber Vielleicht kann man dem Amt für Verfassungsschutz nicht vorwerfen, dass es Anzeige erstattet hat wenn geheime Dokumente aus ihrem Ressort weitergeben werden. Allerdings ist es doch sehr bezeichnend, dass der Generalbundesanwalt bei den brisanten Fällen wie der NSA-Affäre und dem Abhören des Kanzlerinnenhandys jahrelang nur prüft, aber nicht ermittelt, dann aber schon kurz nach einer anderen Anzeige ein Verfahren wegen Landesverrats gegen Journalisten einleitet.
Uns bleibt an dieser Stelle nur eines übrig, zu hoffen dass dieses Verfahren ebenso wie das Ermittlungsverfahren zur Überwachung des Kanzlerhandys ad acta gelegt wird oder wie im Spiegel-Fall damals der Bundesgerichtshof ein Verfahren schließlich ablehnt. Schließlich steht die Pressefreiheit in unserer Verfassung mit Bedacht ziemlich weit vorne, hinter der Gleichheit der Menschen und dem Schutz des Glaubens – noch vor dem Schutz von Ehe und Familie.