Menschenrechte bei Waffenlieferungen noch immer zweitrangig
- Auch Staaten mit erheblichen Defiziten bei der Achtung von Menschenrechten fallen aus den selbstgewählten Exportbeschränkungen von Heckler & Koch, darunter Oman, Malaysia, Indonesien und Singapur
- Waffenhersteller scheint mit doppeltem Maß zu messen: Exportstopp für Brasilien wird mit u.a. mit „harten Polizeieinsatz gegen die Bevölkerung“ begründet, während selbst von der UN verurteilte Polizeigewalt in Chile keine Konsequenzen hat
- Schritt in die richtige Richtung: Vorstand und Aufsichtsrat sprechen über KA-Forderung nach einem Opferfonds
- Blockadehaltung bei dringend gebotener Rüstungskonversion
Freiburg/Stuttgart/Köln, 28. August 2020. Das Bündnis der Kritischen Aktionär*innen Heckler & Koch (KA H&K) kritisiert die sogenannte „Grüne-Länder-Strategie“ der Heckler & Koch AG (H&K) als weiterhin unzureichend. Die Antworten auf die von den Kritischen Aktionär*innen eingereichten 123 Fragen auf der gestrigen Hauptversammlung des Kleinwaffenproduzenten untermauerten die Tatsache, dass die Strategie an zu vielen Ausnahmen und intransparenten Kriterien leidet und sich weiterhin nicht eindeutig an der Achtung von Menschenrechten orientiert.
Ruth Rohde, Vorstandsmitglied beim RüstungsInformationsBüro (RIB e.V.), kritisiert: „Der Vorstand von Heckler & Koch hat uns bestätigt, dass 2019 acht weitere Staaten für ‚grün‘ erklärt wurden, darunter Staaten die weder der NATO bzw. der EU angehören, jedoch erhebliche Menschenrechtsdefizite aufweisen, wie Oman, Malaysia, Indonesien oder Singapur. Wenn der Vorstand vorgibt, dass gemeinsame Werte wie Demokratie und Menschenrechte die Grundlage für die ‚Grüne-Länder-Strategie‘ bilden würden, muss er erklären, wieso massive Einschränkungen bei Freiheits-, Arbeitnehmer- und Frauenrechten z.B. im Oman nicht zu einem Ausschluss führen.“
„Heckler & Koch erlaubt nicht nur immer mehr Ausnahmen, sondern scheint auch mit zweierlei Maß zu messen“, bemängelt Paul Russmann, Beirat von Ohne Rüstung Leben in Stuttgart. „Während der Vorstand den selbst auferlegten Exportstopp für Brasilien – völlig zu Recht! – mit Hinweisen auf harte Polizeieinsätze gegen die Bevölkerung begründet wird, lassen ihn tödliche Einsätze, Folter und sexuelle Gewalt durch die Polizei in Chile vollkommen kalt. Dessen ungeachtet nimmt H&K Chile in die eigene Lieferliste angeblich undenklicher Länder auf.“
Jürgen Grässlin, Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros, Bundessprecher der DFG-VK und der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“, fordert den neu zusammengesetzten Aufsichtsrat auf, sich endlich ernsthaft mit der Beteiligung an Opferfonds auseinanderzusetzen: „Bereits vor zwei Jahren wurde uns Kritischen Aktionär*innen auf unser Drängen hin erklärt, dass man über eine Hilfe für die zahlreichen Opfer durch den unrechtmäßigen Gebrauch von Heckler-&-Koch-Waffen im Rahmen von CSR-Maßnahmen nachdenke. Gestern hat der Vorstand bestätigt: Bisher ist nichts passiert. Über unsere Anregung, eine mögliche Beteiligung am Treuhandfonds ‚Trust Fund For Victims‘ (TFV) des International Criminal Court (ICC), würde der Vorstand nun mit dem Aufsichtsrat sprechen. Wir fordern: Heckler & Koch muss dringend einen Opferfonds einrichten, dessen monetäre Mittel zur psychologischen medizinischen und therapeutischen Betreuung von Kleinwaffenopfern beiträgt.“
„Leider hat sich die H&K-Führung bei unserer Forderung nach Schritten zur Rüstungskonversion, der Umstellung auf eine nachhaltige ökologisch orientierte zivile Produktion bisher in keinster Weise bewegt.“ Stattdessen, so H&K, werde ein Bienenvolk im Stammwerk angesiedelt. „Das ist blanker Zynismus!“, kommentiert Grässlin.