DAKS-Newsletter Juni 2014 ist erschienen!

Der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für das Jahr 2013 ist erschienen. Jenseits des konkreten Inhalts ist das ein Ereignis und eine positive Entwicklung – denn so zeitnah und früh ist noch nie ein Exportbericht erschienen! Es ist zu hoffen, dass diese Neuerung bestand haben wird, so dass auch in den kommenden Jahren eine transparentere Berichterstattung über die deutschen Waffenexporte erfolgen wird.

Auch wir haben uns zu mehr „Transparenz“ entschlossen, weshalb wir das Layout des DAKS-Newsletters auf LeserInnenwunsch hin, neu gestaltet, bzw. vereinfacht haben. Über Anregungen Kritik freuen wir uns.

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DAKS-Newsletter Juni 2014

Pressemitteilung von „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“

Mehr genehmigt und schneller berichtet

Rüstungsexportbericht 2013 bezeugt expansive Genehmigungspolitik

Einzelausfuhrgenehmigungen auf Allzeithoch

Fast zwei Drittel aller Einzelausfuhrgenehmigungen in Drittländer

Historischer Höchstwert beim Kleinwaffenexport

„Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat 2013 den Waffenhandel in den entscheidenden Segmenten auf schier unglaubliche Negativrekorde hochgeschraubt“, erläutert Jürgen Grässlin, Sprecher der Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und Sprecher der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“. „Mit keinem Argument zu rechtfertigen ist die Tatsache, dass die Einzelausfuhrgenehmigungen auf den neuen Allzeitrekord von 5,846 Mrd. Euro gesteigert wurden. Dass mit 62 Prozent fast zwei Drittel der Einzelausfuhrgenehmigungen für so genannte ‚Drittländer‘ erteilt worden sind, belegt das ganze Desaster einer völlig enthemmten Rüstungsexportpolitik“, so Grässlin. „Toptäterin ist Bundeskanzlerin Angela Merkel, die als Vorsitzende des geheim tagenden Bundessicherheitsrats die immens hohen Waffenausfuhrgenehmigungen an Militärs kriegführender und menschenrechtsverletzender Staaten verantwortet.“

„Die humanitäre Rhetorik von Frieden, Freiheit und Sicherheit wird durch die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung konterkariert“, kritisiert der Geschäftsführer der ökumenischen Initiative Ohne Rüstung Leben (ORL) und Sprecher der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ Paul Russmann. „Zu den führenden Empfängerländern deutscher Kriegswaffen zählen menschenrechtsverletzende Regime in Algerien, Katar, Saudi Arabien und Indonesien. Das ist ein Skandal.“ Nachdrücklich weist Russmann darauf hin, dass die „Kleinwaffenexporte von Pistolen über Maschinenpistolen bis hin zu Sturm- und Maschinengewehren mit 82,63 Millionen Euro einen neuen historischen Höchstwert erreicht haben. Es wurden Ausfuhrgenehmigungen für die besonders problemtischen Drittländer von 42,23 Millionen Euro erteilt“, so Russmann. „Aufgrund langjähriger Recherchen wissen wir, dass in eben solchen Ländern mit deutschen Gewehren Massaker und Massenmord verübt werden. Zudem vereinbarte die von Angela Merkel und Philipp Rösler geführte Bundesregierung mit der algerischen Regierung unter Führung von Staatschef Bouteflika Waffenlieferungen im Wert von rund zehn Milliarden Euro, die im Rüstungsexportbericht 2013 nur ansatzweise auftauchen.“

„Die lobenswerte Schnelligkeit der Veröffentlichung des Rüstungsexportberichts der schwarz-roten Bundesregierung wiegt die drei Negativrekorde bei den Einzelausfuhrgenehmigungen, beim Export in Länder außerhalb von EU und Nato und beim Kleinwaffenexport nicht auf“, kritisiert Christine Hoffmann, pax christi-Generalsekretärin und Sprecherin der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ die heute im Rüstungsexportbericht 2013 veröffentlichte Bilanz schwarz-gelber Waffenhandelspolitik. „Die SPD hat vor der Bundestagswahl eine Wende beim Waffenhandel

versprochen. Wenn die Sozialdemokraten dieses Versprechen einlösen wollen, muss Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel jedwede Genehmigung und den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern an menschenrechtsverletzende Staaten sofort unterbinden. Da darf auch vor der Rücknahme bereits erteilter positiver Bescheide auf Voranfragen nicht halt gemacht werden“, fordert Hoffmann. „Die Bundesregierung täuscht die Öffentlichkeit, wenn sie vorgibt, den Waffenhandel gesenkt zu haben. De facto wurden Einzel- und Sammelausfuhren im Gesamtwert von 8,34 Milliarden Euro erteilt.“

Deutsche Pistolen in Kolumbien – Über ein Loch in der Endverbleibskontrolle

von Otfried Nassauer (Berlin Information-Center for Transatlantic Security / BITS)

Die Endverbleibsregelungen für deutsche Rüstungs- und Waffenlieferungen sind löchrig wie ein Schweizer Käse. Mehr Loch als Käse. Meist geben sich die deutschen Behörden mit einer schriftlichen Erklärung des Empfängers zufrieden. Überprüft, ob die Lieferungen tatsächlich dort sind und bleiben, wo sie angeblich hingehen, wird in den allermeisten Fällen nicht.

In den letzten Tagen wurde ein weiteres Loch sichtbar. Und das kam so: Der NDR und die Süddeutsche berichteten, Pistolen des Herstellers Sig Sauer aus Eckernförde seien in großen Mengen über dessen Schwesterfirma in den USA und die US-Army an die kolumbianische Nationalpolizei geliefert worden. Zeugen, Seriennummern, Prüfstempel – alles belegt, es handelt sich um Waffen aus Deutschland.

Kolumbien jedoch ist seit Jahrzehnten ein Land im Bürgerkrieg und die staatlichen Organe nehmen es mit den Menschenrechten und ungerechtfertigter Gewaltanwendung nicht so wirklich ernst. In Deutschland wäre eine Lieferung dieser Pistolen an die kolumbianische Polizei deshalb nicht genehmigt worden. Sie wurde auch nie beantragt. In den USA dagegen ist die Lage anders. Denn die US-Regierung betrachtet die Unterstützung der Regierung in Bogotá als stabilisierende Maßnahme. Als „Ertüchtigung“ eines regionalen Partners, wie Kanzlerin Angela Merkel zu sagen pflegt. Jahrelang half Washington der kolumbianischen Rechten mit dem „Plan Colombia“ und Hunderten Millionen von Dollars pro Jahr bei der Bekämpfung von Drogenhandel und linksgerichteten Guerillas. Dass auch rechte Todesschwadronen die Regierung unterstützen und von dieser oft geduldet oder gefördert wurden, stört Washington nicht.

Im April 2009 bestellte das US-Army Material Command bei Sig Sauer Inc. aus Exeter in New Hampshire für 306 Millionen Dollar Pistolen. Ein gewaltiger Auftrag. Mit der Lieferung der ersten 55.890 Waffen des Typs SP2022 sollte sofort begonnen werden. Später sollten 42.000 weitere in einem zweiten Los dazukommen. Der Vertrag sollte bis 2012 laufen. Die Pistole werde die „Faustfeuerwaffe der ganzen kolumbianischen Nationalpolizei“, so die Firma stolz in einer Pressemitteilung.

Gefertigt wurde die Waffe 2009 bei der Schwesterfirma in Eckernförde, der Sig Sauer GmbH &Co KG. Dort kaufte Sig Sauer Inc. die gefragten Pistolen regelmäßig in großer Stückzahl ein, um die begehrte Waffe auf dem riesigen Markt der amerikanischen Waffennarren vertreiben zu können. Der gleiche Weg wurde nun genutzt, um die US-Army schnell zu beliefern, damit diese die kolumbianische Nationalpolizei ausstatten konnte. In den Jahren 2009 und 2010 wurden Pistolen aus deutscher Produktion geliefert, erst im Januar 2011 meldete Sig Sauer Inc., man nehme jetzt eine eigene Produktionslinie für diese Waffen in den USA in Betrieb. Einzelne Bauteile kamen vorerst noch weiter aus Deutschland. Zum damaligen Zeitpunkt waren bereits 400.000 dieser Pistolen weltweit verkauft und ausgeliefert worden.

Die Medienberichte gehen davon aus, dass die US Army die Bundesregierung um eine Reexporterlaubnis nach Kolumbien bitten musste. Ein Reexportersuchen aus den USA für diese Lieferung gab es jedoch nie. Ohne Erlaubnis, so die Schlussfolgerung, sei die Lieferung ein Verstoß gegen deutsche Vorschriften, der eigentlich geahndet werden müsse. Die Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung sehen schließlich vor, dass „grundsätzlich“ keine Rüstungsgüter mehr in ein unzuverlässiges Empfängerland geliefert werden dürfen, bis dort wieder sichergestellt ist, dass die deutschen Endverbleibsbestimmungen wieder eingehalten werden.

Doch das ist wohl ein Irrtum. Die Lieferungen der US-Army nach Kolumbien waren wohl rechtmäßig. Dass dem so ist, liegt an der deutschen Rechtslage in Sachen Endverbleib. Sie hat ein Loch. Eine amtliche Endverbleibserklärung mit einem „Reexportverbot mit Erlaubnisvorbehalt“ ist nämlich nur nötig für Kriegswaffen, kriegswaffennahe sonstige Rüstungsgüter und für „sonstige Rüstungsgüter, die nach Umfang oder Bedeutung für einen Kriegswaffe wesentlich“ sind, wie die für Rüstungsexportgenehmigungen zuständige deutsche Behörde, das BAFA, in einer Bekanntmachung über Endverbleibsdokumente erläutert.

Dazu gehören die Pistolen aber nicht. Sie fallen in die Kategorie der sonstigen Rüstungsgüter und für diese gibt es Ausnahmen. So kann zum Beispiel auf das „Reexportverbot mit Erlaubnisvorbehalt“ verzichtet werden. Staaten, die der NATO oder der EU angehören oder diesen gleichgestellt sind, werden anders behandelt als die so genannten Drittstaaten. Und es gibt eine weitere gravierende Ausnahme, die in diesem Fall greift: Legen Lieferant und Empfänger ein staatliches „Internationales Importzertifikat“ (IC) aus einer bestimmten Gruppe von Empfängerländern vor, so hat dies rechtlich Folgen: Sobald die Waren oder Waffen in ein Empfängerland aus dieser Ländergruppe eingeführt sind, gilt für den weiteren Umgang mit ihnen ausschließlich das nationale Recht des Empfängerlandes, sodass ein „gegebenenfalls anschließender Reexport nach diesen Vorschriften behandelt wird“, erklärt das BAFA. Auf die USA wird diese Regelung angewendet.

Konkret am Fall Kolumbien: Da ein amtliches IC vorlag, schon weil es ab einem Warenwert von 125.000 Euro bei einem privaten Empfänger wie Sig Sauer Inc. von deutscher Seite gefordert wird, galten für den Weiterverkauf an die US-Army und den Reexport nach Kolumbien nicht mehr die deutschen, sondern die amerikanischen Rechtsregeln. Nach diesen stellt eine Lieferung nach Kolumbien kein Problem dar. Sie war sogar politisch gewollt. Dass die USA wie durch das IC gefordert in solchen Fällen tatsächlich ihr nationales Exportrecht anwenden, ist belegt. Nachweise finden sich in den diplomatischen Fernschreiben, die Wikileaks veröffentlicht hat. Etliche Schreiben fordern örtliche US-Botschaften und Konsulate auf, die Importeure von Sig-Sauer-Waffen, zu besuchen und zu befragen.

Das Loch, das diese Ausnahmen reißen, hat eine beachtliche Größe. Denn die Zahl der Länder, in denen diese Lücke für Exporte in Drittstaaten genutzt werden kann, ist ziemlich groß. Vor allem: Dazu gehören viele für den internationalen Handel bedeutende Staaten. Derzeit können solche ICs aus den Ländern Australien, Belgien, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Hongkong, Irland, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Singapur, Slowakische Republik, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn und natürlich den USA genutzt werden. Für China, Polen, die Slowakische Republik, die Tschechische Republik und Ungarn gilt allerdings ein „neues IC („Importer Statement on End-User and End-Use“), in dem bereits auch der künftige Endverwender und zum Teil auch die spezielle Endverwendung genannt werden müssen.

Offen bleibt die Frage, ob die USA sich beim Import der Herstellungstechnologie für die Sig Sauer Pistolen vom Typ 2022 auf ein „Reexportverbot mit Erlaubnisvorbehalt“ eingelassen haben. Ein solches Verbot ist heute regelmäßig durch den Anhang 4 der Endverbleibserklärung zum Export solcher Unterlagen und Technologie gefordert. Doch auch ein US-Verstoß gegen diese Vorgabe wäre nur dann gegeben, wenn die Technologie zur Herstellung der SP2022 tatsächlich aus Deutschland (und nicht z. B. aus der Schweiz) erfolgt wäre und es zugleich keine ähnlich weitreichende Umgehungsmöglichkeit gäbe, wie sie durch die ICs für in Deutschland hergestellte Pistolen geschaffen wurde.

Zeit also, darüber nachzudenken, wie diese und andere Lücken in Zukunft geschlossen werden können. Einen Anlass gibt es auch. Die grünen Bundestagsabgeordneten Hans Christian Ströbele und Katja Keul haben vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, weil die Bundesregierung den Bundestag unzureichend und zu spät über die deutschen Rüstungsexporte und deren Genehmigungen unterrichtet. Im Mai hörte das Gericht dazu die Parteien des Verfahrens und einige Experten an. Die Richter stellten in diesem Kontext viele Fragen, die über die Hauptstoßrichtung der Klage hinausgingen. Sie interessierten sich z. B. auch für die Rolle von Voranfragen und der Reaktion der Behörden darauf und stellten Fragen zur Kontrolle des Endverbleibs deutscher Rüstungslieferungen. Wenn Richter solche Fragen stellen, dann kann dies ein Hinweis darauf sein, dass sie weitergehende verfassungsrechtliche Probleme sehen, als jene, auf deren Änderung die Klage direkt zielt. In den Regierungsfraktionen scheint die Anhörung jedenfalls eine neue Nachdenklichkeit ausgelöst zu haben. Überraschend bemerkte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, bei einer Podiumsdiskussion im ARD-Hauptstadtstudio: Bei den Endverbleibsregelungen gebe es künftig Handlungsbedarf.

G36-Landkarteder Europäischen Union

Nicht alle Daten sind sicher (viele fehlen auch), aber dieser ungefähre Blick soll die Aufmerksamkeit darauf lenken, wie weit die Verbreitung von G36 und ähnlichen HK-Waffentypen (HK416, vielleicht auch des eigentlich US-amerikanischen M27) bereits „gediehen“ ist. Natürlich wird das Gewehr auch in anderen Kontinenten eingesetzt – bei dieser Auflistung wird der Fokus auf Europa gelegt, um zu zeigen, wie stark die Präsenz dieser Firma in vielen EU-Armeen und anderen Sicherheitskräften schon ist (von denen nicht wenige Krieg führen, etwa im Rahmen der ISAF), auch mit Blick auf drohende Konfrontationen in der Ukraine-Krise. Zudem muss gesagt werden, dass es durch die Verwendung des NATO-Standard-Kalibers 5,56 x 45 mm sehr einfach ist, das G36 einzuführen, wenn bereits Waffen wie etwa M16, M4, SA80, FAMAS und Steyr AUG benutzt werden – oder das AK-101 (laut Wikipedia neun Nutzerstaaten in Asien, Südamerika, Afrika und Europa). Dass die Daten fast nur auf Wikipedia-Grundlage (verschiedener Sprachen) gesammelt wurden, ist einerseits eine Schwäche der Recherche, andererseits finden sich dort meist relativ verlässliche oder doch zumindest auf weitere mögliche Quellen hinweisende Daten. (Dies soll auch anregen, sich selbst auf die Informationssuche zu machen – per Internet heute sehr leicht möglich.) Die Art von Schützen (und auch die Zahl der Waffen) unterscheidet sich stark, in manchen Ländern werden die Gewehre „nur“ von der Polizei oder inländisch aktiven Einheiten eingesetzt, in anderen Fällen wird damit auch bei Auslandseinsätzen von Militärs, Paramilitärs, Polizei oder anderen Truppen und Diensten geschossen. Re-Exporte sind ein weiteres Thema, ohne Frage auch über EU-Grenzen hinaus oder von außerhalb in die Union hinein. In der Liste sind die Länder, die im geografischen Europa liegen, aber nicht zur EU gehören, in Klammern gesetzt (auch wenn sie der NATO angehören, wie etwa Island). Einige Staaten in der Region Europa oder auch darüber hinaus haben enge politische Beziehungen mit der EU, etwa Algerien, Marokko, Georgien oder auch die Ukraine, was ziemlich sicher auf Waffenhandel schließen lässt.

Vervollständigung bzw. kritische Anregungen sind sehr willkommen!

G36:

(Albanien), Belgien, Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, (Island), Italien, (Kosovo), Kroatien, Lettland, Litauen (Minute 2:14), (Montenegro), Niederlande, Norwegen, Polen (Minute 0:33), Portugal, Rumänien, Schweden, (Serbien), Slowakei (Minute 1:15), Slowenien, Spanien, Tschechien (Minute 0:25)

HK416:

(Albanien), Deutschland, Tschechien, Frankreich, Irland, Italien, Kroatien, Niederlande, Norwegen, Polen, (Serbien), Slowakei (Minute 1:52)

Afrika: G36-Einsatz gegen MigrantInnen?

Für die ARD-Sendung Weltspiegel berichtete Stefan Schaaf über aktuelle Vorgänge in Ceuta, einer der beiden spanischen Exklaven in Marokko. Dort, an der EU-Grenze, sollen am 6. Februar 2014 am südlich von der Stadt gelegenen Strand von El Tarajal spanische Grenztruppen auf Migranten geschossen haben, die schwimmend die Grenze überwinden wollten. Die Migranten berichten, dass sie die Gewalt von marokkanischen Sicherheitskräften „gewohnt“ seien, darunter auch immer wieder Schüsse mit scharfer Munition. Dass die Guardia Civil mit (angeblich weniger tödlichen) Hartgummigeschossen auf sie schieße (und auch Tränengas auf die Schwimmenden einsetze), sei aber eine neue Dimension. Fünfzehn Migranten (darunter auch eine Frau) sollen bei der bisher unaufgeklärten Aktion gestorben bzw. getötet worden sein. Ob auch G36-Gewehre eingesetzt wurden, ist nicht klar. – Europa ist eine politische Einheit. Dass heißt, dass die deutsche Bundesregierung sich dazu äußern muss, wenn die Polizei eines anderen Landes der Union (in diesem Fall Spanien) auf Menschen schießt, die Europa erreichen wollen. Oder heißt die Regierung Merkel die tödliche Gewalt gut?

Fotos zeigen (sehr wahrscheinlich) G3-Gewehre oder CETME-Gewehre, aber es muss bedacht werden, dass das G36-Gewehr zur Standardausrüstung der Guardia Civil gehört, hier Fotos einer Waffenfan-Seite.

Weiterhin ungeklärt ist die Frage, ob marokkanische Grenztruppen mit HK-Waffen ausgerüstet sind.

Indien: weitere Kleinwaffen-Importe geplant

Für die Forschungsgruppe „India Armed Violence Assessment (IAVA)“ berichten Aaron Karp und Rajesh Rajagopalan in der Studie „Small Arms of the Indian State: A Century of Procurement and Production“ über die auf dem indischen Subkontinent bereits vorhandenen Kleinwaffen und die anvisierten Einkäufe. Das indische Militär sowie Polizeikräfte des Landes werden ihre Waffeneinkäufe wohl noch steigern, so heißt es in der Publikation des Small Arms Survey (Genf). Durch das Ende des Monopols einheimischer Hersteller bestehe nun eine neue Situation – der Markt wird im schlechten Sinne „globalisiert“.

Indien ist einer der BRICS-Staaten, was bedeutet, dass die Modernisierung der Streitkräfte und Sicherheitstruppen an hoher Stelle steht. Das wiederum bedeutet, dass große Mengen an Geld für Rüstungsgeschäfte zur Verfügung gestellt werden. Grundsätzlich sollen mehr Waffen aus dem Ausland gekauft werden, 6 Millionen Neubeschaffungen sind geplant. Das „alte“ Lee-Enfield-Gewehr ist weiterhin eine der meist verbreiteten Schusswaffen. Mit der Maschinenpistole MP5 sind bereits indische Polizeien, vor allem Spezialeinheiten, ausgerüstet, auch das G3 ist mit der jahrzehntelangen Produktion im benachbarten Pakistan in der Region vertreten. (Mehr Infos zu bisherigen HK-Waffen finden sich in der Studie.)

Die heutzutage eher dezentral organisierte Waffenbeschaffung der Sicherheitsorgane befördert die Möglichkeit, Schusswaffen aus dem Ausland (etwa aus Deutschland, etwa von HK oder SIG Sauer) einzukaufen. Selbst wenn man Indiens große, lokal organisierte Schusswaffenindustrie und deren Langzeitprägung der Arsenale nicht übersehen darf, wäre dies – angesichts des großen Waffenmarkts Indiens – ein lockendes Geschäft, gerade im Bereich spezieller Waffentypen wie dem XM25 oder dem GMG. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass indische Unternehmen Lizenzen für den Nachbau von Kleinwaffen erwerben könnten, etwa für die Produktion von G36-Gewehren oder Pistolen von Heckler & Koch.

Außerdem weist der Bericht auf einen negativen Zustand hin: Die indischen Sicherheitsbehörden scheinen kein Bewusstsein für die Zerstörung so genannter Überschusswaffen zu haben. Verkäufe ins Ausland sind wohl der übliche Weg. Aber „Neu für Alt“ war ja auch hierzulande niemals wirklich eine ehrliche Aussage…

Wird Japan Kleinwaffen exportieren? das Gewehr „HOWA Typ 89

Nicht nur, dass die derzeitige Regierung Japans vorhat, die bisherige „friedliche“ (wenn das bei der mangelnden Aufarbeitung der faschistischen Verbrechen und Gesellschaft so sagbar ist) Außenpolitik zu beenden und mit aggressiven Mitteln etwa die Diaoyutai- bzw. Senkaku-Inseln zu beanspruchen – nun will die Regierung auch jene in langen Jahrzehnten im eigenen Land entwickelten Waffen ins Ausland verkaufen. Die FAZ berichtete (unter anderem mit Aussagen von BICC-Mitarbeiter Jan Grebe). Wenn der Status der Inselgruppe im Ostchinesischen Meer noch umstritten ist, kann das über Rüstungsexporte nicht gesagt werden: Sie sind und bleiben Öl ins Feuer von Konflikten und können nicht gerechtfertigt werden, da die gelieferten Waffen nicht kontrollierbar sind! Da hilft es auch nicht, dass angeblich keine Geschäfte gemacht werden sollen, die die „internationale Sicherheit“ gefährden würden. (Diesen „Witz“ haben deutsche Politiker schon unter Rot-Grün mehr als ausgereizt…)

Im Bereich Kleinwaffen wurde von der japanischen Firma Howa Kogyo (mit Weltkriegsschuld) ein mit 3,5 Kilogramm relativ leichtes Schnellfeuergewehr entwickelt, derzeit ist der Typ 89 in den Arsenalen der so genannten Selbstverteidigungskräfte. (Ist Propagandasprache nicht toll? Passt doch echt gut zu „Verteidigungskrieg“ und „Landesverteidigung“.) Dieses Gewehr verschießt, beinahe selbstverständlich, Geschosse im Kaliber 5,56 x 45 mm NATO. Bisher wird meist „nur“ der US-Granatwerfer M203 angebaut, doch hier und auch bei anderen Punkten (etwa dem nur von rechts zu bedienenden Feuerwahlhebel und der meist starren Schulterstütze) wird es sicher zu Modifikationen kommen, um den Wünschen der Kunden zu entsprechen. Auch die derzeit so beliebte Picatinny-Schiene, an der sich zusätzliche Griffe und auch Geräte wie Lichtmodule anbringen lassen, fehlt sozusagen noch. Mit einem ungefähren (Inland-)Preis von umgerechnet 2.400 Euro ist die Waffe nicht unerschwinglich.

Fazit muss sein: Sollte Japan beginnen, Kriegswaffen auszuführen, reiht es sich in die Menge der Staaten ein, die dieses Verbrechen bereits begehen, etwa die Bundesrepublik Deutschland. Aber auch Japan hat nicht das Recht dazu. Hier gilt wieder nur, dass die Profite zählen, wohingegen moralische Schuld nicht empfunden wird.

Aber was kann man erwarten von Politikern wie Ministerpräsident Shinzo Abe (der Kriegsverbrecherschreine wie den Yasukuni-Schrein besucht) und seinem Vize Taro Aso (der sehr ähnlich denkt). Beide zeigen auch keinerlei Willen, die geschätzten 200.000 als „Trostfrauen“ (also Zwangsprostituierte) im Zweiten Weltkrieg vergewaltigten Frauen (meist aus Korea, China, Taiwan und den Philippinen) als Opfer der japanischen faschistischen Diktatur anzuerkennen. Auch damals wurden von den japanischen Soldaten Gewehre benutzt, um die Frauen zu bedrohen und auch zu töten. „Kriegshelden“ bekommen dann einen Schrein, die Opfer nichts, wenn sie denn überleben.

Terrorismus der Zukunft: TrackingPoint und die ShotView App

Seit dem Debakel um das Rüstungsprojekt EuroHawk genießen Drohnen in Deutschland keinen guten Ruf mehr. Nicht nur, dass die Frage, ob der Einsatz bewaffneter Drohnen ethisch legitimiert werden kann, die Öffentlichkeit spaltet, sondern das Problem ist auch, wie ein solches Projekt technisch möglich ist und dabei gleichzeitig finanzierbar bleibt. Nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Ethisch ist der Einsatz bewaffneter Drohnen zwar so problematisch wie eh und je, dessen ungeachtet aber haben die europäischen Luftfahrtkonzerne Airbus, Dassault, Aviation und Alenia Aermacchi ein Konsortium gegründet, um eine „europäische Drohne“ zu entwickeln. Das Projekt wurde Regierungsvertretern von Deutschland, Frankreich und Italien bereits unterbreitet, wie etwa das Handelsblatt berichtete. Aber nicht nur in diesem Bereich tut sich etwas. Gleichzeitig nämlich soll auch das Image von Drohnen verbessert werden. Spiegel Online fasst den Diskussionsstand in dem Antitel zusammen: „Drohnen sind als Kriegswerkzeug berüchtigt und als Spione gefürchtet. Doch sie können noch viel mehr. Die Branche will nun den zivilen Nutzen der Geräte herausstellen.“ Es scheint möglich, dass diese Image-Kampagne Erfolg hat. Und das nicht zuletzt, weil Drohnen eben nicht nur im militärischen und zivilen Bereich eingesetzt werden, sondern längst auch im privaten Hobby-Bereich Verbreitung gefunden haben. Entsprechende Spielzeuge sind bereits ab etwa 60 Euro erhältlich. – Wobei diese Modelle natürlich weniger Drohnen als vielmehr ferngesteuerte Fluggeräte darstellen. Anders als bei Drohnen bleibt ein direkter Sichtkontakt zum Flugzeug technisch notwendig, die Möglichkeit einer Steuerung durch First Person View ist nicht gegeben. Dies wird in nächster Zukunft jedoch anders werden. Zwar ist FPV Equipment kostspieliger als Einsteiger-Spielzeug „Drohnen“, dies ändert jedoch nichts an der technischen Möglichkeit und allgemeinen Verfügbarkeit. Der Hobby-Drohnenhersteller Parrot hat angekündigt, in Kürze einen Skycontroller auf den Markt bringen zu wollen, mit dessen Hilfe das neue Drohnen-Model Bebop eine Reichweite von bis zu zwei Kilometern erreichen können soll. Natürlich ist schon auf eine solche Distanz eine Blickkontrolle nicht mehr möglich. Der Flug soll deshalb durch First Person View verfolgt und gesteuert werden. Sicherlich handelt es sich hierbei um technische Spielereien. Aber gerade deshalb wird diese Technologie Fans finden und die Herzen der Kunden erobern.

Bleibt die Frage, wann die ersten bewaffneten Drohnen Marke Eigenbau auftauchen werden. Zugegeben, bis dahin ist es noch ein weiter Weg! Die derzeitigen Hobby-Drohnen verfügen weder über die Nutzlast-Kapazität um eine (Klein-)Waffe transportieren zu können, noch über die Flugstabilität um den Rückstoß der Waffe beim Schuss ausgleichen zu können. Entscheidend ist jedoch, dass die technische Möglichkeite der präzisen Zielerfassung über eine Distanz hinweg mittlerweile gegeben und öffentlich verfügbar ist. Bisher war eine entsprechende Technik kostspielig und militärischen Nutzern vorbehalten. Ein entsprechendes Waffen-Kontrollsystem wurde etwa von der israelischen Firma CornerShot entwickelt und vermarktet. Die US-amerikanische Firma TrackingPoint hat den Markt für entsprechende Zielerfassungssysteme nun revolutioniert, indem es eine ShotView App entwickelt hat. Die App erscheint dabei zunächst mehr als banal: Die App überträgt ein Video, das von einer vor dem Zielfernrohr der Waffe montierten Kamera gemacht wird, in Echtzeit an ein Smartphone oder Ähnliches. Der von TrackingPoint bewobene Anwendungsbereich dieser App ist rein zivil. Ermöglicht werden soll eine Zusammenarbeit zwischen Schützen während des Schießens. Schüler und Ausbilder, Jäger und Trainer sollen im Moment der Zielerfassung über das Geschehen sprechen können. Und natürlich ist es damit auch möglich – insbesondere wenn man den Livestream nicht auf ein Smartphone, sonder etwa auf seine Google Glass überträgt – um die Ecke zu schießen. Damit werden private Anwender in die Lage versetzt, genau das zu tun, was bisher nur Militärs unter großem technischen und finanziellen Aufwand tun konnten. Und: Da die App die gleiche Technik nutzt, die auch in der Steuerung von privaten Drohnen zum Einsatz kommt, wird sie sich waffenrechtlich nicht kontrollieren lassen.

Die Schnittmenge mit Drohnen geht jedoch noch über diesen Aspekt hinaus. Dies veranschaulichen die „Produkte“ der Firma Precision Remotes. Es handelt sich hierbei eigentlich nicht um ein Rüstungsunternehmen im strengen Sinn, da diese Firma lediglich bewegliche und ferngesteuerte Einspannvorrichtungen für Waffen produziert, in Militärkreisen auch unter der Bezeichnung „Remotely operated Weapon Station“ bekannt. Unter der Typen-Bezeichnung TRAP T192 wird dann beispielsweise eine entsprechende Montage-Platform für Scharfschützengewehre beworben, bei der nicht nur die Zielerfassung über eine Videokamera erfolgt, sondern sich das entsprechende Gewehr auch ferngesteuert bewegen lässt, wodurch eine Zielverfolgung ermöglicht wird und, in einem letzten Schritt, die Schussauslösung ferngesteuert erfolgt. – Mit der ShotView App im Hintergrund scheint es tatsächlich nur eine Frage der Zeit, bis ein open source-Nachbau der TRAP T192 bekannt werden wird. Die technischen Hürden scheinen äußerst gering.

Da entsprechende Systeme von Wärmebildkameras so wenig entdeckt werden können wie von CO2-Dedektoren, scheint diese Technik ein ideales Instrumentarium für Terroristen bereitzustellen. Wie erwähnt scheinen waffenrechtliche Kontrollmöglichkeiten in diesem Fall grundsätzlich nicht gegeben zu sein.

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