Wie kann Flüchtlingen geholfen werden? Natürlich gibt es auf diese Frage keine einfache Antwort, doch es steht außer Frage, dass eine medizinische und therapeutische ‚Erstversorgung‘ nötig und möglich sein sollte. Genau an diesem Punkt soll jedoch gespart werden. Mehr dazu im neuen Newsletter!
Weiter Themen: Heckler & Koch, Saudi-Arabien, die Zentralafrikanische Republik, die Türkei und Nexter-KMW.
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DAKS-Newsletter August 2015
ARD zeigt Spielfilm „Meister des Todes“
Am 23. September wird die ARD im Rahmen eines Themenabends zu deutschen Waffenexporten um 20:15 Uhr den preisgekrönten Politthriller „Meister des Todes“ des Filmemachers Daniel Harrich zeigen. Es geht in diesem auf umfangreichen Recherchen beruhenden Film (Drehbuch: Daniel Harrich und Gert Heidenreich) um die Waffengeschäfte einer deutschen Firma mit mexikanischen Sicherheitsbehörden. Für die ZuschauerInnen wird klar, dass die Handlung der Geschichte auf der wahren Geschäftspraxis von Heckler & Koch beruht. Alle Informationen zum Film mit Heiner Lauterbach, Axel Milberg, Veronica Ferres, Udo Wachtveitl und Hanno Koffler und anderen gibt es bei der ARD.
„Netzwerk des Todes“: das Enthüllungsbuch zum TV-Event „Tödliche Exporte“ der ARD
Am 23.9. wird ebenfalls die TV-Dokumentation „Tödliche Exporte. Wie das G36 nach Mexiko kam“ zu sehen sein. Zu diesem Dokumentarfilm wird es ein Buch geben, das alle brisanten Informationen enthält: „Netzwerk des Todes“. Daniel Harrich, Jürgen Grässlin und Danuta Harrich-Zandberg sind dem Weg der Waffen in die Krisenregionen dieser Welt gefolgt und haben die exakten Prozesse der Waffenlieferungen recherchiert. Sie enthüllen die Identität der Hintermänner dieser blutigen Deals und legen bisher unveröffentlichte Beweise vor. Die Paperback-Ausgabe mit 272 Seiten wird am 28. September 2015 beim Heyne Verlag in München erscheinen und 16,99 Euro kosten (Größe 13,5 x 20,6 cm). Die ISBN ist 978-3-453-20109-5. Dieses Buch wird es auch als E-Book geben.
Heckler & Koch: Mexiko reagiert
Laut einer Agenturmeldung von Reuters planen die mexikanischen Behörden, Waffen von Heckler & Koch aus den Unruheprovinzen abzuziehen. Damit geht Mexiko quasi auf den Vorwurf einer Verletzung der Endverbleibserklärung ein und versucht, die Ausgabe der Waffen ungeschehen zu machen. In welchem Zusammenhang diese Ankündigung mit den Schwierigkeiten von HK steht, ist genau so wenig bekannt wie der Grund, durch den Mexiko zu diesem Schritt motiviert wurde.
Refugio unterstützen! – Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge finanziell bedroht
Flüchtlinge, die durch Erlebnisse in Kriegs- und Krisengebieten traumatisiert sind, bekommen in Villingen-Schwenningen Hilfe: vom gemeinnützigen Verein Refugio Villingen-Schwenningen e.V. und dessen Team von Expertinnen in diversen Heilberufen. Es geht hier vor allem um die seelischen Folgen von Folter, Misshandlungen, Vertreibung, Vergewaltigungen bis hin zu Genozid. Doch diese bitter nötige Hilfe ist finanziell gefährdet, denn es fehlen aktuell die bisherigen Geldmittel der Europäischen Union, die vom Bund verteilt werden. Fest stehe aber bereits, so Refugio, dass insgesamt weniger EU-Gelder als bislang verteilt werden können. Drastische Sorgen bereitet auch ein Gesetz vom März dieses Jahres, das es den Landkreisen gestattet, sich nach 15 Monaten aus der Finanzierung therapeutischer Hilfe für einen Flüchtling zurückzuziehen. Problem ist, dass die in der Folge zuständigen Krankenkassen Organisationen wie Refugio nicht anerkennen wollen, sprich die jeweilige Therapie nicht fortgesetzt werden kann. Hilfe für die Hilfe ist also dringend nötig!
Seit 1998 gibt es die „Kontaktstelle für traumatisierte Flüchtlinge“ in Villingen-Schwenningen. Hervorgegangen aus ehrenamtlichen Strukturen ist es dem Verein gelungen, die therapeutische Arbeit Schritt für Schritt auf stabile und fachlich hervorragende Beine zu stellen und das Angebot auszuweiten – heute werden weit über 130 Patienten betreut, darunter auch eine wachsende Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Zum Hilfsprogramm von Refugio gehören psychotherapeutische Behandlung, sozialpädagogische Projekte, Integrationsarbeit, Rechtsberatung, Stellungnahmen für Rechtsanwälte oder Gerichte, Beratung für Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder und Zusammenarbeit mit Schulen, Deutschunterricht und auch Kunst- und Theaterprojekte mit Jugendlichen. Gearbeitet wird für Menschen aus den kleinen Gemeinden in der Region, aber auch aus dem gesamten südbadischen Raum, sodass eine (aufwändige) Kooperation mit verschiedenen Landratsämtern und Behörden nötig ist.
Viele der Menschen, die bei Refugio Hilfe bekommen, haben extreme Gewalt erleben und erleiden müssen. Die Problematik weit verbreiteter und einfach zugänglicher Schusswaffen kennen sie aus eigener Erfahrung. Kleinwaffengewalt ist in vielen Konflikten weltweit an der Tagesordnung und wirkt langfristig in der Psyche der Betroffenen. Und es ist nicht zu erwarten, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Dass diese Menschen aus den Krisengebieten und den Kriegen fliehen wollen, ist ihr gutes Recht und die Hilfe bei der Bewältigung dieser Erfahrungen von Terror und Gewalt eine humanitäre Pflicht unserer Gesellschaft. Refugio publiziert Informationen zu Fluchthintergründen und Migration und geht, je nach Herkunftsgruppe und Herkunftsland, von einer Traumatisierungsrate von 20 bis 60 Prozent aus. Und es stehe zu befürchten, so Refugio, dass die Zahl der traumatisierten Flüchtlinge weltweit weiter zunehmen werde, insbesondere, weil die Fluchtwege gefährlicher würden. Das habe eine zunehmende Bedeutung für eine langfristige Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes der Flüchtlinge.
Was passiert aktuell bei Refugio? Ende Juni präsentierte sich die Hilfsorganisation auf dem Ökumenischen Kirchentag in Villingen. Der Wirtschaftsverband in Baden (WVIB) veranstaltete zu Gunsten von Refugio ein Golfturnier, bei dem buchstäblich jeder Schlag einer Spende entsprach – zur Nachahmung für andere Vereine durchaus geeignet! Der (lesenswerte!) Jahresbericht 2014 zeigt die Arbeit von Refugio und macht mit der Rekordzahl von 186 Patienten im Berichtsjahr einmal mehr deutlich, wie nötig diese Arbeit ist.
Besuchen Sie die Internetseite des Vereins, um mehr über die Arbeit für traumatisierte Menschen zu erfahren: http://www.refugio-vs.de/
Hier können Sie auch spenden oder Mitglied werden!
Im Mai 2015 berichtete Report Mainz über die existenzielle finanzielle Bedrohung von psychosozialen Zentren wie Refugio Villingen-Schwenningen e.V.
Saudi-Arabien: Keine Einschränkungen von Waffenexporten durch den Krieg im Jemen
Russland hat sich durch den Krieg in der Ukraine als Abnehmer westlicher Rüstungsgüter disqualifiziert. Nicht einmal bestehende Verträge über die Lieferung von Waffen werden erfüllt, weshalb ein Gefechtsübungszentrum, das Rheinmetall für die russischen Streitkräfte produziert hatte, so wenig exportiert werden durfte wie zwei in Frankreich gebaute Hubschrauberträger der Mistral-Klasse.
Im Falle Saudi-Arabiens ist das jedoch alles anders. Der Krieg im Jemen dauert unvermindert an; Amnesty International wirft allen Kriegsparteien – also auch Saudi-Arabien – Kriegsverbrechen vor; UNICEF beklagt die Situation von Kindern im Jemen und spricht von acht Opfern im Kindesalter täglich – gleichzeitig wird Saudi-Arabien jedoch als ein möglicher Käufer von mindestens einem der Mistral-Schiffe gehandelt, wie die französische Tageszeitung Le Monde berichtet. Ob ein solcher Export mit den Grundsätzen der europäischen Rüstungsexportkontrolle vereinbart wäre, sei an dieser Stelle dahingestellt.
Zentralafrikanische Republik: eine Blauhelm-Mission in der Kritik
Obwohl die UN seit knapp einem Jahr eine UN-Blauhelmmission in dem Land unterhält, kommt die Zentralafrikanische Republik nicht zur Ruhe. Immer wieder kommt es zu bewaffneten Auseinandersetzungen und immer wieder geraten dabei auch UN-Soldaten in die Schusslinie: am 2. August starb ein Angehöriger der „Multidimensional Integrated Stabilization Mission in the Central African Republic“ (MINUSCA) bei einem Gefecht. Die UN kämpft jedoch nicht nur mit der Situation im Land, sondern steht daneben auch einigen hausgemachten Problemen gegenüber: Französische Blauhelm-Soldaten sollen Kinder sexuell missbraucht haben, und statt die Vorwürfe aufzuklären, soll die UN die Vorwürfe vertuscht haben. – Die TAZ berichtete in einem Hintergrundbericht über das Geschehen. – Nun kam es am 8. August 2015 auch noch zu einem Amoklauf, in dessen Verlauf ein ruandischer Blauhelm-Soldat vier andere Soldaten und sich selbst tötete. Und am 12. August 2015 trat schließlich der UN-Missionsbeauftragte Generalleutnant Babacar Gaye von seinem Amt zurück, weshalb dieser Posten neu besetzt werden musste. In dieser Situation ist es symptomatisch, wenn die seit Januar kursierenden Gerüchte über einen möglichen Papstbesuch in der Zentralafrikanischen Republik durch Radio Vatikan neu belebt werden. Tatsächlich scheint es, als bräuchten die Menschen in diesem Land eine starke Hoffnung, da die Realität, unter der sie leben müssen, dem Leben nicht dienlich ist.
Kraus-Maffei-Wegmann und Nexter: Konsilidierung des Rüstungsmarktes auf europäischer Ebene
Bereits vor einem Jahr verkündeten die beiden Panzerhersteller Nexter Systems und Krauss-Maffei Wegmann ihre Absicht, fusionieren zu wollen. Am 29. Juli 2015 teilten die Unternehmen mit einer Presseerklärung mit, dass eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet sei. Als Vertrag könnte dieses Dokument eventuell bis Ende des Jahres wirksam werden, sollten die für den Zusammenschluss notwendigen Genehmigungen bis dahin vorliegen.
Sollte dies geschehen, würde unter dem Namen KANT (Krauss-Maffai Wegmann and Nexter Together) ein transnationales, deutsch-französisches Rüstungsunternehmen mit mehr als 6000 Mitarbeitern, einem Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Euro und Produktionsstandorten in Deutschland, Frankreich, Belgien und Italien entstehen. Nexter setzt mit dieser Fusion seinen Expansionskurs fort, der im Jahr 2014 mit der Übernahme des belgischen Munitionsherstellers Mecar und des italienischen Munitionsherstellers Simmel Difesa begonnen hatte. Für Krauss-Maffei Wegmann stellt dieser Schritt einen Neuanfang dar, der die Umformung des deutschen Familienunternehmens in eine internationale Aktiengesellschaft mit Sitz in Paris beinhaltet. Trotzdem kommt die Fusion nicht überraschend: die Gerüchte über einen möglichen Zusammenschluss von KMW mit dem deutschen Konkurrenten Rheinmetall – etwa das Handelsblatt berichtete im Jahr 2006 in einem ausführlichen Hintergrundbericht darüber – fanden in den vergangenen Jahren keine Nahrung mehr. Und KMW-Geschäftsführer Frank Haun stellte 2014 gegenüber dem Bayrischen Rundfunk kategorisch fest, dass er von einer solchen Lösung nichts mehr halte:
„Bei einer deutschen Konsolidierung haben Sie kein neues Produkt, keine neue Technologie, keine neuen Märkte. Es bleibt bei dem, was wir heute haben. Es sind dann eben nur weniger Unternehmen und weniger Mitarbeiter. Das ist nicht unser Ziel. Wir wollen eine europäische Lösung, und die kann man nur erreichen, wenn man europäisch konsolidiert.“
Die von Haun vertretene industriepolitische Perspektive wird seit geraumer Zeit auch von der Bundesregierung vertreten. So wird etwa im Rahmen des pünktlich zum Abschluss des erst am 18. Juli 2015 veröffentlichten „Strategiepapiers zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland“ erklärt:
Die Bundesregierung setzt verstärkt auf eine europäische Zusammenarbeit bis hin zum Zusammengehen von in einzelnen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen unter Wahrnehmung der nationalen Interessen. Die Bündelung technologischer Stärken wird die wirtschaftliche Bedeutung europäischer Projekte im internationalen Wettbewerb entscheidend erhöhen.
Lediglich elf Tage vor dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen zwischen KMW und Nexter hat die Bundesregierung damit ihre Entscheidung dokumentiert, den entsprechenden Zusammenschluss zu unterstützen und als eine programmatische Lösung zu deuten.
Gleichzeitig wird jedoch auch vor den möglichen negativen Folgen der Fusion gewarnt, zwar nicht aus dem Kreis der Bundesregierung, wohl aber von Seiten einzelner Parlamentarier wird kritisiert, dass durch einen solchen Zusammenschluss die Vorschriften der deutschen Rüstungsexportkontrolle eventuell umgangen werden könnten. In einem Hintergrundbericht hat die „Informationsstelle Militarisierung“ entsprechende Stimmen von Rainer Arnold (SPD) und Roederich Kiesewetter (CDU) dokumentiert. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung hat Agnieszka Brugger (Grüne) ebenfalls friedensethische Vorbehalte geäußert und die Linke hat sich bereits im Vorfeld der Fusion mit einer Kleinen Anfrage (Drucksache 18/5511) an die Bundesregierung gewandt. Die bereits vorliegende Antwort der Bundesregierung ist wenig aufschlussreich, da sie zu großen Teilen auf die Verantwortung der beteiligten Unternehmen verweist bzw. sich auf die Position zurückzieht, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Aussagen gemacht werden können.
Aller Bedenken zum Trotz hat das Bundeskartellamt in einer Pressemitteilung vom 24. August 2015 bekanntgegeben, aus kartellrechtlicher Perspektive keine Einwände gegen die geplante Fusion zu haben. Die erste Hürde auf dem Weg zum tatsächlichen Zusammenschluss ist damit übersprungen.
Und jetzt? – Welche Folgen diese Fusion haben wird, kann derzeit tatsächlich noch nicht abgeschätzt werden. Ob es dem neuen Rüstungs’giganten‘ wirklich gelingen wird, eine Exportoffensive zu starten, wird einerseits davon abhängen, ob Käufer für die deutsch-französischen Waffen gefunden werden können, und von der Frage, welche Haltung die Politik im jeweiligen konkreten Einzelfall einnehmen wird. Die Lieferungen deutscher Waffen in den Nord-Irak haben gezeigt, dass das deutsche Rüstungsexportkontrollregime genügend Spielräume offen lässt, um Waffenexporte zu tätigen, wenn dies politisch gewollt wird. Daran wird die geplante Fusion sicherlich nichts ändern. Das ist jedoch ein Problem, das grundsätzlich und jenseits der wirtschaftspolitischen Entscheidungen besteht.
Die Türkei und der Krieg in Syrien
Im Zeichen des „Kriegs gegen den Terror“ auf der einen Seite und dem „Arabischen Frühling“ auf der anderen Seite ist in den westlichen Medien aus dem Blick geraten, dass die politische und gesellschaftliche Situation der kurdischen Minderheit in der Türkei nach wie vor prekär ist. Nach dem Anschlag eines Selbstmordattentäters in der nahe der syrischen Grenze gelegenen Stadt Suruç mit 32 Toten und über 100 Verletzten und nach Angriffen der PKK auf türkische Militär- und Polizeistellen ist der Konflikt nun wieder offen entbrannt: Seit Anfang August bombardiert die türkische Armee Stellungen der Kurden in Syrien und im Nordikrak.
Ist das alles also nicht mehr als eine Rückkehr zur Normalität des Bürgerkriegs, unter dem die Türkei seit Jahrzehnten leidet? – Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich nicht mittlerweile die regionalpolitischen Parameter des Konflikts dramatisch verändert hätten. Noch im Jahr 2012 war alles normal: In Syrien tobte der Krieg und die internationale Staatengemeinschaft konnte sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Um Stärke zu demonstrieren und die Möglichkeit einer Flugverbotszone in Syrien als eine militärische Option in den Raum zu stellen, beschloss die NATO die Operation „Active Fence“ und die Verlegung von Flugabwehr-Verbänden in die Süd-Türkei. Deutschland entschloss sich diese Operation nicht nur zu unterstützen, sondern mitzutragen und verlegte Bundeswehr-Einheiten mit Patriot-Raketen an die syrische Grenze.
Drei Jahre später ist nun alles anders: Bisher schien, als sei der syrische Präsident in Gestalt Baschar al-Assads der Schurke, dem es entgegenzutreten galt. Und jeder, der tatsächlich bereit dazu war, in den aktiven Kampf gegen Assad einzutreten, erschien der westlichen Staatengemeinschaft als ein legitimer Koalitionspartner. Hierzu zählte auch eine Gruppe von Kämpfern um einen gewissen „Abu Bakr Al-Baghdadi“, die später unter dem Namen „Islamischer Staat“ bekannt werden sollte.
Seitdem der IS in den Nord-Irak einmarschiert, ist der Krieg in Syrien und der Kampf gegen Assad nur noch ein Problem unter vielen und im Kampf gegen den IS erscheint der westlichen Staatengemeinschaft jede Gruppierung, die bereit ist, in den aktiven Kampf einzutreten, als ein legitimer Koalitionspartner. Hierzu zählen etwa die Kurden im Nord-Irak, die nicht mehr als seperationistische Kräfte wahrgenommen werden und deren Tätigkeit geeignet erscheint, den Irak zu spalten, sondern sie erscheinen als ein legitimer politischer Akteur, der unter allen Umständen zu unterstützen ist. Im Jahr 2014 hat die Bundeswehr mit der Ausbildung und Ausrüstung von Peschmerga-Einheiten begonnen und dadurch die kurdische Regionalregierung im Nord-Irak faktisch als einen staatlichen Akteur anerkannt. Es war von Anfang an klar, dass diese Unterstützung der Kurden direkte Auswirkungen auf die innenpolitische Situation in der Türkei haben kann. Und die erneute Eskalation des Konflikts zwischen PKK und türkischem Militär demonstriert lediglich, dass diese Befürchtungen berechtigt gewesen sind.
Bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung diesen Politikwechsel nun auch gegenüber der Türkei nachvollzieht und die Patriot-Einheiten der Bundeswehr wieder aus dem syrischen Grenzgebiet abzieht.
Vor dieser Entwicklung stellt sich nun die Frage, ob die Bereitschaft zur Unterstützung der Kurden durch die NATO in einem zweiten Schritt nun tatsächlich zu einer Neubewertung des NATO-Staates Türkei führen wird. Aufschluss über diese Frage könnte eine Kleine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag geben. In den Fragen Nr. 19 und Nr. 20 dieser Anfrage bittet die Linke um Aufklärung, ob eine eventuelle Weitergabe von Waffen „an bewaffnete Gruppierungen in innerstaatlichen Konflikten […] eine Verletzung von Endverbleibserklärungen“ darstellt. Gemeint ist damit natürlich die Türkei, die Waffen an Akteure des syrischen Bürgerkriegs geliefert hat. Sollte diese Frage auch nur ansatzweise bejaht werden, würde dies dem deutschen Bündnispartner das Vertrauen offen entziehen. Die Antwort der Bundesregierung steht derzeit noch aus. Man darf jedoch gespannt sein.