DAKS-Newsletter Dezember 2016 ist erschienen!

Einen guten Rutsch ins neue Jahr! – Und mit dabei: der Rüstungsexportbericht der GKKE, deutsche Waffen im Einsatz in Syrien und im Irak und deutsche Waffenexporte nach Saudi-Arabien.

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DAKS-Newsletter Dezember 2016

Keine Anklage gegen Jürgen Grässlin und Daniel Harrich

Die Staatsanwaltschaft München ermittelte gegen die Autoren Daniel Harrich und Jürgen Grässlin wegen des Verdachts des Verrats von Ermittlungsergebnissen. Das Amtsgericht München hat eine Anklageerhebung jedoch abgelehnt, wie der SWR berichtete. Diese Entwicklung ist mehr als ein Freispruch des Autorenduos, denn damit erkennt das Gericht an, dass schon ein Verfahren aussichtslos wäre.

Jenseits des Privaten ist diese Entwicklung auch auf einer grundsätzlichen Ebene von Bedeutung, denn die Entscheidung stärkt investigativen Journalismus. Durch die Nichtzulassung der Klage wird bestätigt, dass es ein grundsätzliches Informationsrecht der Öffentlichkeit gibt, und um dieses Informationsrecht auszuüben, dürfen in Extremsituationen auch bestehende Regelungen zum Schutz der Privatsphäre eng ausgelegt werden.

Bundesrepublik Deutschland beliefert Schwarzmarkt: Kriegsgebiet Irak

Stolz erklärt die Bundeswehr, die ja im Auftrag der Bundesregierung unter der Führung von Angela Merkel, der beiden großen christlichen Parteien und der sozialdemokratischen Partei Deutschlands handelt, dass weitere Waffen in das Kriegsland Irak, genauer in die von kurdischen Streitkräften der sogenannten Peschmerga kontrollierte Nordregion, geliefert wurden und dass diese Waffentransfers weitergehen sollen. In den Berichten wird – wie immer, wenn man keine andere, noch dreistere Lüge auf Lager hat – von einer „Endverbleibserklärung“ gesprochen, die von den Empfängern des Kriegsmaterials brav ausgefüllt worden sei und an die sich diese Empfänger auch halten wollen (und in diesem Fall sind die Anführungszeichen sehr sinnvoll, weil niemand wirklich definieren kann, was das eigentlich sein soll, eine Endverbleibserklärung, gerade bei Kleinwaffen, die ohne Kontrolle in andere Hände und Kriegsgebiete gelangen werden). Ohne jetzt der alleinigen Berechtigung von Staaten und staatlichen Armeen das Wort zu reden, aber nach den guten Gepflogenheiten der internationalen Politik und sicher auch nach irgendwelchen Grundsätzen dieser Bundesregierung ist es keinesfalls richtig, nicht-staatliche Gruppen, und seien es solche aus als autonom erklärten Gebieten, mit Kriegswaffen zu beliefern, etwa mit dem G36-Gewehr von Heckler & Koch. Und mit Munition. Von dem Waffen- und Kampfausbildungsprogramm mal ganz zu schweigen. –„Ertüchtigung“ nennt sich das. Man will vorgeblich Partner im Kampf gegen den Terror finden, in diesem Fall gegen den „Islamischen Staat“. Ob diese Gruppen dann jetzt oder später die Menschenrechte (auch anderer Ethnien) achten, ob sie eine demokratische, freie und alle Rechte all ihrer Mitglieder schützende Gesellschaft bilden oder ob sie sich gar gegen ihre früheren Unterstützer wenden, das wird bei den jetzigen Lieferverbrechen nicht diskutiert. Wohin gehen die Waffen, Frau Merkel? Wohin geht die Munition, Herr Gabriel? Diese Fragen müssen auch alle Mitglieder von CDU-CSU und SPD beantworten und alle Bundestagsabgeordneten, die jetzt nicht widersprechen.

Und es ist nicht wenig, was da zuletzt an Material in die Hände der Peschmerga-Führer ging: im Dezember (laut Bundeswehr) über 2,5 Mio. Schuss Munition des Kalibers 7,62 x 51 mm (für G3-Gewehre und das zuvor gelieferte MG3-Maschinengewehr) und Ersatzteile für verschiedene Handfeuerwaffen. Im Oktober und November waren es (ebenfalls nach Bundeswehrangaben) 1000 G36-Gewehre und fast 4 Mio. Schuss im dazugehörigen Kaliber 5,56 x 45 mm NATO sowie nochmals knapp 2,5 Mio. Patronen, dieses Mal im Kaliber 7,62 x 51 mm. 2.500 Tonnen sollen laut Armeeinformationen seit 2014 an die Peschmerga geliefert worden sein, ein Großteil davon sind Kleinwaffen (hauptsächlich von HK, ca. 12.000 G36 und 12.000 G3) und Munition – sowie besonders schwer zu kontrollierende Kurzwaffen wie die P1-Pistole von Walther und auch die für Terroristen gut zu nutzenden „RPG“-Waffen wie die Panzerfaust 3 und Milan-Waffen zur Panzerbekämpfung. Der Rest ist sonstiges Kriegsmaterial, etwa Minensuchgeräte, Dingo-Fahrzeuge für den Truppentransport und Sanitätsmaterial.

Viele Fragen bleiben: Welche anderen Gruppen in der Region werden nicht beliefert und trainiert? Und warum nicht auch diese? Oder erhalten sie Teile dieser Waffen einfach über die in der (nahen) Zukunft folgenden, vor Ort organisierten Waffentransfers? Was passiert, wenn die IS-Truppen G36 und andere deutsche Waffen bei Kämpfen als Beutewaffen bekommen, wie in Afghanistan geschehen? Wie kommt es, dass die Bundesregierung ein Gewehr, dass sie selbst als nicht geeignet dargestellt hat, weitergibt? Auf welche Art und Weise werden diese Gewehre bei der Bundeswehr ersetzt? Oder ist das Entsorgung auf billige Art und mit diplomatischem Gewinn? Wie und bei wem sind die Seriennummern der ausgegebenen Kleinwaffen dokumentiert? Erhalten europäische und deutsche Zollpolizeibehörden und hiesige Staatsanwaltschaften im Voraus diese Nummern? Was passiert mit eventuellen Altwaffen der Peschmerga bzw. werden diese nun auf den lokalen oder regionalen Waffenmärkten angeboten? In welcher Verantwortung hierfür sehen sich die Bundesregierung und auch die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach dem Abschluss des ATT-Vertrags?

Die Berichte haben zudem einen nicht geringen paternalistischen Ton. Sie muten leicht herablassend an. Die „Ertüchtigungs“-Arbeit der Bundeswehrsoldaten hat immer ein bisschen den Touch früherer kolonialistischer Denkweisen. Früher die Askari, heute die Peschmerga. Und so heißt das extra errichtete Trainingsgelände für den Häuserkampf dann auch „German Village“. Am deutschen Wesen…

Türkei: Deutsche Waffen in Syrien

Seit August 2016 kämpfen türkische Soldaten in Nordsyrien gegen den IS – und gegen die kurdischen Peschmerga. Seit knapp zwei Monaten konzentrieren sich die Kämpfe auf die Stadt al-Bab, wo bis zu 1000 türkische Soldaten eingesetzt werden sollen. Zur Verfügung stehen ihnen zudem rund 50 Leopard-2-Panzer. Die Truppen der türkischen Militärallianz sollen mittlerweile das Stadgebiet von al-Bab erreicht haben. Dem sind jedoch schwere Kämpfe vorangegangen. Wie viele Menschen im Verlauf der Kämpfe getötet wurden, ist nicht bekannt. Diskutiert wird in den Medien jedoch, dass im Rahmen der Offensive erneut türkische Lepoard–2-Panzer zerstört worden sein sollen. – Möglich gewesen sei dies durch den Einsatz von Panzerabwehrraketen, also Leichtwaffen, aus US-amerikanischer und russischer Provenienz durch den IS.

Während deutsche Rüstungsexporte in die Türkei durch die Militärintervention und den Putsch-Versuch vom Juli 2016 florieren, könnten die Berichte der deutschen Rüstungsindustrie auftrieb verleihen: KMW-Nexter hatte bereits im Mai 2016 angekündigt, ein Nachfolgemodell für den Leopard-2-Panzer entwickeln zu wollen.

Saudi-Arabien: Deutschland liefert

Während die USA Munitionslieferungen an Saudi-Arabien auf Grund des Jemen-Krieges reduziert haben, gehen die deutschen Rüstungsexporte weiter. Ob Munitionsteile oder Schiffe – Deutschland steht zu seinen einmal getroffenen Lieferzusagen. Und: Die Militärkooperation zwischen beiden Ländern soll ausgebaut werden: Pro Jahr sollen künftig bis zu fünf Offiziere der saudischen Armee in Deutschland und durch die Bundeswehr ausgebildet werden. Nach Informationen des Spiegel ist dies jedoch nur der Anfang, da das Bundesverteidigungsministerium auf eine Anfrage aus Saudi-Arabien warte, Militärberater nach Saudi-Arabien zu entsenden. Deutschland würde dadurch zu einem wichtigen Stabilitätsanker für Saudi-Arabien. Ob die Situation auf der arabischen Halbinsel dadurch jedoch befriedet wird, bleibt abzuwarten.

GKKE-Bericht 2016: Ein Kommentar

von Paul Russmann (ORL)

Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) fordert ein neues Gesetz zur Kontrolle von Rüstungsexporten. Diese und weitere Forderungen wurden bei der Vorstellung des neuen Rüstungsexportberichts der GKKE in der Bundespressekonferenz in Berlin erhoben. Angesichts der deutschen Rüstungsexporte fanden mehrere Vertreter deutliche Worte.


Der jährlich erscheinende Rüstungsexportbericht der GKKE stellt öffentlich verfügbare Informationen über die deutschen Ausfuhren von Kriegswaffen und Rüstungsgütern zusammen und bewertet die deutsche Rüstungsexportpolitik. Dafür werden Kriterien der Friedens-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik zugrunde gelegt.

Verdoppelung der Rüstungsexporte im Jahr 2015

„Fast eine Verdoppelung der Rüstungsexportgenehmigungen gab es in 2015″, kritisiert Prälat Dr. Karl Jüsten, der katholische Vorsitzende der GKKE, „und auch im ersten Halbjahr 2016 keinen Rückgang“. Der Anteil der Genehmigungen an Drittstaaten wie Saudi-Arabien, Katar, Algerien beläuft sich demnach auf fast 60 Prozent.

„Nach nunmehr 20 Jahren sind wir zu der Überzeugung gelangt: Wir brauchen eine Revision der gesetzlichen Grundlagen“, ergänzt Prälat Dr. Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der GKKE. Dabei gehe es auch um positive Entwicklungen in dieser Legislaturperiode, etwa den Rückgang der Kleinwaffenexporte. Diese Fortschritte dürften „nicht vom guten Willen der nächsten Regierung abhängig sein“, so Dutzmann.

Krasser Widerspruch zwischen Absicht und Praxis“

„In deutlichen Worten kritisieren die Kirchen zu Recht den krassen Widerspruch zwischen gesetzlichen Vorgaben und politischen Absichtserklärungen einerseits und der Rüstungsexportpraxis andererseits“, kommentiert Paul Russmann, Sprecher von Ohne Rüstung Leben, in einer ersten Stellungnahme. „Dieser Widerspruch beschädigt seit Jahren die Glaubwürdigkeit der deutschen Sicherheits- und Friedenspolitik.“

„Klare Kante zeigen die Kirchen, wenn es um ein Exportverbot von Rüstungsausfuhren nach Saudi-Arabien geht. Das begrüße ich sehr, da diese eindeutige Haltung das Engagement von Ohne Rüstung Leben gegen Waffenexporte an das menschenrechtsverletzende und kriegführende Regime in Riad stärkt“, so Russmann weiter.

Kirchen sollen sich der „Aktion Aufschrei“ anschließen

Die Forderung, den EU-Verhaltenskodex zum Waffenhandel und die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Rüstungsexport in Gesetz zu gießen, nennt Russmann einen Schritt in die richtige Richtung. „Dazu gehört auch die Einführung eines Verbandsklagerechtes gegen Rüstungsexportentscheidungen und die Forderung, keine Hermes-Bürgschaften mehr für Rüstungsexporte zu erteilen!“

Paul Russmann wünscht sich nun, dass die beiden Großkirchen sich in Gänze der Forderung der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ nach einem grundsätzlichen Verbot des Exportes von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern anschließen. „Hoffnungsvoll stimmt, das einzelne Landeskirchen und Diözesen die Forderung der Aktion Aufschrei bereits unterstützen“, so Russmann.

Im Wortlaut: GKKE fordert eine Reform der deutschen Rüstungsexportkontrollgesetzgebung

Ein Rüstungsexportgesetz ist „überfällig“ (6.02 – Seite 92), da die geltenden Regelungen sowohl mit dem Friedensgebot des Grundgesetzes als auch mit den im Grundgesetz vorgesehenen Genehmigungsverfahren für Rüstungsexportanträge kollidieren. Hinzu kommt ein Mangel an Transparenz, der die derzeitige Genehmigungspraxis diskreditiert. Transparenz wird dabei umfassend verstanden, also sowohl im Hinblick auf die Berichtspraxis der Bundesregierung über genehmigte Rüstungsexporte als auch im Hinblick auf die Kohärenz der geltenden Regelwerke zum Rüstungsexport. – Angesichts des Nebeneinanders von Kriegswaffenkontrollgesetz und Außenwirtschaftsgesetz spricht die GKKE von einem „Regelungsgestrüpp“ (6.03 – Seite 93), das, so ist hinzuzufügen, endlich gelichtet werden müsse.

Angesichts dieser Situation fordert die GKKE die Ausarbeitung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes, in dessen Rahmen „rechtlich verbindliche, wirksame und überprüfbare inhaltliche Kriterien für die Genehmigung von geplanten Ausfuhren“ (6.06 – Seite 94) festgelegt werden sollen. Dieses Gesetz könnte auf bestehenden Regelungsversuchen der EU aufbauen: „Eine naheliegende Lösung des Problems inhaltlicher Maßstäbe für Rüstungsexporte ist es, die recht differenzierten Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes der EU in das deutsche Recht zu übernehmen.“ (6.11 – Seite 97) Diese europarechtlich etablierten Normen sollten allerdings durch die weitergehenden Formulierungen der „Politischen Grundsätze“ und der Grundsätze der Bundesregierung zum Export von Kleinwaffen ergänzt werden. Diese Maßnahmen zur Steigerung der Transparenz von Rüstungsexporten können aber nur dann Aussicht auf einen bleibenden Erfolg haben, wenn sie rechtlich verbindlich festgeschrieben werden. Dies beinhaltet auch die Möglichkeit, Verstöße gegen die aufgestellten Normen gerichtlich überprüfen zu lassen. Die GKKE regt in diesem Zusammenhang an, zum einen ein parlamentarisches Kontrollgremium einzurichten, dass sich dezidiert mit der Rüstungsexportkontrollproblematik befasst (6.24 – Seite 103) und zum anderen ein Verbandsklagerecht einzuführen. (6.25-6.26 – Seite 104-105)

G36-Nachfolge: Beschaffung verzögert sich

Erst sollte alles ganz schnell gehen, jetzt scheint absehbar, dass sich die Entscheidung, welches Schnellfeuergewehr als Nachfolgewaffe für das G36-Gewehr beschafft werden soll, auf die Zeit nach der Bundestagswahl verzögern wird. Die Belieferung mit den neuen Waffen und damit verbunden die Ausmusterung des G36 wird wohl erst im Jahr 2020/2021 beginnen. Heckler & Koch, das sich Hoffnungen macht, Hoflieferant der Bundeswehr zu bleiben und etwa mit dem Modell HK 416/417 den Zuschlag für die Nachfolgebewaffnung für sich zu entscheiden, wird sich deshalb auf eine verlängerte finanzielle Durststrecke einstellen müssen.

Viel Lärm um wenig: EU möchte Waffengesetz reformieren

Als direkte Reaktion auf die Terroranschläge von Paris hat die EU-Kommission am 18. November 2015 ein Maßnahmenpaket beschlossen, in dessen Rahmen auch eine Reform des EU-Waffenrechts geplant war. Schon vor einem Jahr war klar, dass der gewählte Fokus zu eng gefasst war, da etwa der kommerzielle Handel mit Waffen ausdrücklich nicht bearbeitet werden sollte (vgl. den Entwurf S. 14 – zu Art. 2, Abs. 2) Nachdem die Interessenvertreter der Sportschützen und Jäger ein Jahr lang in Brüssel lobbyiert haben, wurde nun ein überarbeiteter Entwurf vorgestellt. Soweit ersichtlich ist dieser Vorschlag mit den bestehenden Regelungen in Deutschland kompatibel, so dass eine Anpassung der bundesdeutschen Gesetzgebung nicht – bzw. nur im Hinblick auf einige technische Details – notwendig sein wird.

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